Montag, 4. Juni 2012

Spanien: Barcelona

Ok, kommt. Lassen wir die Spielchen. Ihr wollt es doch auch. Ich will weiter reisen und darüber schreiben, und ihr wollt was lesen.

Ja, technisch gesehen ist Spanien nicht down under. Aber meine australischen Freunde sagen, dass man das mal so sehen muss: Von ihnen aus gesehen sind wir down under. So. Hätten wir das also auch geklärt.

Daher ohne lange Mätzchen direkt, wie der Kurztrip nach Barcelona letztens war. Ich lasse doch nicht zu, dass der Oma der Lesestoff ausgeht. Diesmal sind sogar meine eigenen Fotos dabei - bitte hebt anerkennend Augenbrauen und Hüte.

Falls ihr jetzt denkt, ich leide langsam unter einer Art neurotischem Reisezwang, oder ich werde dafür bezahlt - mitnichten. Nach Barcelona ging es ehrlich gesagt ein bisschen unplanmäßig. Die ganze Geschichte ist lang und verworren, aber die elegante Kurzversion endet darin, dass ich meine Flüge letztes Jahr im September mit etwas Zeitdruck umbuchen musste. Spontan habe ich mich für Ende Mai entschieden. Und ihr werdet sehen, dass das ein absoluter Volltreffer werden sollte!

In Barcelona habe ich 2005 mal für ein paar Monate gewohnt und ein lustiges Praktikum als Übersetzerin gemacht. Naja, so unendlich lustig war das Praktikum nicht immer - oft gab es für Deutsch einfach nichts zu tun. Mein damaliger Chef ist an allem Schuld, was dann passierte: Jeden Morgen, wenn ich mich kurz bei ihm meldete, sagte er mir, ich solle mir die Zeit im Internet vertreiben. Ja, was soll ich sagen: Das habe ich getan! Ich habe wirklich jedes Thema recherchiert, das mir mal irgendwann ansatzweise interessant erschien.

Da ich hier und da mal von veganer Ernährung gehört hatte, habe ich mich auch dort mal reingelesen. Wozu macht man das? Wie lange überlebt man sowas? Ist das gesund? Und vor allem: Welch seltsames Volk setzt sich freiwillig solchen Strapazen aus? Aus heutiger Sicht sind das lustige Gedanken, aber vergesst nicht, dass 2005 im deutschsprachigen Internet noch lange nicht so viele Informationen verfügbar waren wie heute.

In diesem Sinne war es nach sieben Jahren eine Art Rückkehr für mich, dorthin, wo alles begann. Und haltet euch fest: Ich habe in derselben WG gewohnt. Ich habe dieselben Leute getroffen. Ich habe dieselben Orte besucht. Und noch ein paar mehr. Und das lief so ab:

Donnerstag, 24. Mai 2012
Um 6:00 Uhr ging es morgens aus dem Bett - man glaubt nicht, wie früh man doch immer los muss, um einen Flieger gegen 9:30 Uhr zu erwischen. Nun ja, früher, als man gemeinhin annimmt. Benjamin brachte mich liebenswerterweise morgens noch zum Flughafen, und da stand ich wieder: Ich in meinen Reiseklamotten, diesmal zwar mit eleganterem kleinen Koffer, aber wieder mit meinem Tagesrucksack. Hurra, das Reisen geht weiter! :-)

Die Mittelmeerküste vom Flieger aus.


Wer jetzt vor Kurzem ein paar Langstreckenflüge auf anderen Kontinenten absolviert hat, dem kommt es irgendwie lustig vor, innerhalb von noch nicht mal zwei Stunden schon zwei Länder weiter zu sein. Spanien - eine andere Kultur, eine andere Sprache, ein anderes Klima. So schnell kann's gehen! Amerikaner, Kanadier und Australier finden das an Europa oft besonders lustig: Ein mal ein wenig länger gefahren, und schwupps, schon ist man im nächsten Land.

Plaça Espanya

Plaça Espanya

Ich hatte mich voller Zutrauen (und aus Zeitmangel) auf die genaue Anreise vom Flughafen zur Wohnung gar nicht vorbereitet. Spanien war leider nicht so toll ausgeschildert wie Sydney und Singapur. Aber nachdem ich einen entspannt rauchenden Busfahrer nach dem Weg befragt hatte, war ich mir einigermaßen sicher, alles zu finden. So ging es bei super Wetter mit rekordverdächtigem Sonnenschein per Bus zur Plaça Espanya und von dort mit der Metro weiter.

Hach ja, die gute Metro! 2005 habe ich sie furchtsam gemieden, weil da noch einige terroristische Anschläge so frisch im Gedächtnis waren, und Barcelona nun mal nach Madrid die zweite Stadt ist, an die man als Terrorist so denken könnte. Zum Glück lief damals aber alles gut.

Die Straße vor unserer Wohnung.

Der Blick nach vorne in Richtung Plaça del Sol.

Der Blick nach rechts.


Ich wartete vor unserer Wohnung auf meine frühere Vermieterin, und als sie dann kam, war ich völlig geschockt. Sie hat sich nämlich in den sieben Jahren wirklich gar nicht verändert. Echt kein bisschen. Sie meinte, ich auch nicht. Erfreut über unser weiterhin frisches Äußeres musste sie mir dann doch noch mal alles erklären - Details wie hakende Schlösser oder Spezialknöpfe, die Gittertüren öffnen, vergisst man nach der Zeit dann doch. Und hurra - oben in der Wohnung war in der Tat mein altes Zimmer noch frei! Und bewohnt wurde die Wohnung nur von meinem damaligen französischen Mitbewohner Filipe. Wenn ihr euch über die Schreibweise wundert: Filipe ist eigentlich Portugiese, aber in Frankreich aufgewachsen. Lasst euch von unserer unendlichen internationalen Aufstellung hier aber nicht abschrecken.

Jedenfalls habe ich nach all den Jahren ohne spanische Sprachpraxis doch ganz schön lange an meinen Sätzen rumbasteln müssen. Es ist nicht so, dass man es nicht mehr kann. Es fällt einem nur alles grad nicht ein. Am Ende meines kurzen Aufenthaltes sollte es schon wieder besser laufen, aber der Anfang war echt hartes Brot. Mit meiner Vermieterin Anna quatsche ich jedoch ungeachtet dessen über alles und jeden, vor allem über die momentan schwache spanische Wirtschaft. 

Der große Obstmarkt im Viertel Gràcia.

Ich in der Wohnung.


Mein Zimmerchen, damals wie heute.

Vorgekochte Kichererbsen ohne Salz, ein Traum.

Ich ging danach sofort durch das ganze Viertel und kaufte ordentlich ein. Hallo, ein Mal ist man in Spanien, wo im Vergleich zu Deutschland Essen sehr günstig ist. Und die Qualität kann sich bei vielen Lebensmitteln sehen lassen.Wer jetzt den Blog bisher gelesen hat, in dem wird ein leiser Verdacht aufkeimen. Ja, ich habe Obst noch und nöcher gekauft. Mit dem lustigen Unterschied zu Deutschland, dass hier kaum jemand komisch guckt. Von zu Hause kenne ich entsetzte Gesichter und Fragen wie: "Wer soll das alles essen?", "Machen Sie einen eigenen Laden auf?", oder, auch immer wieder gerne genommen, "Haben Sie einen Affen als Haustier?". Die Spanier hingegen sehen das Ganze ein wenig mehr tranquilo - sie will alles an Cherimoyas aufkaufen, was da ist? Ok. Macht zwei Euro das Kilo. Überhaupt: Cherimoyas sind eine Frucht, die in der Obstgemeinde normalerweise begeisterndes Kreischen auslöst. Und Wassermelonen sind hier ganz großes Kino. Und es gab Kichererbsen schon vorgekocht im Beutel. Und die Tomaten, ich sag's euch. Ach ja. Manchmal ist alles einfach so, wie es sein soll.

Ein buntes Haus an der Plaça del Sol.

Als ich nach Hause kam, dauerte es nicht mehr lange, bis Filipe auch da war. Wir haben dann die letzten sieben Jahre im Zeitraffer erzählt. Und das Lustige war, dass sich auch Filipe echt kein bisschen verändert hat. Wir waren uns auch einig, dass es sich maximal so anfühle, als sei ich zwei Jahre nicht da gewesen statt sieben.

Drei Sorten Tomaten, und alle lecker.
Unsere Küche

Cherimoyas



Da ich echt Schlaf nachzuholen hatte, ging es früh ins Bett. Ja, ich wurde ausgelacht dafür. Das ist in Spanien so. Wenn überhaupt, macht man mittags eine kurze Siesta. Wer vor Mitternacht ins Bett geht, mit dem stimmt was nicht. Aber ich bin hart geblieben - und ich war auch einfach müde.

Freitag, 25. Mai 2012
Ich habe richtig ausgeschlafen, jedenfalls für deutsche Verhältnisse. So bin ich erst um 10:00 Uhr zum Parc Güell gejoggt, der mich damals schon so fasziniert hat. So groß ist Barcelona nicht, dass man es nicht joggend erkunden könnte. Training und Sightseeing in einem. Um diese Uhrzeit war es jedoch schon recht voll im Park, und über Pfingsten haben offenbar alle spanischen Schulkinder mal einen Ausflug dorthin gewagt. Dies hat meinen Genuss jedoch nicht beeinträchtigen können - der Parc Güell ist und bleibt eins der absoluten Highlights dieser spanischen Metropole.

Der Parc Güell
Noch mal der Parc Güell
Und direkt ein drittes Mal.

Um 13:30 Uhr macht meine geliebte Freundin Frauke Mittagspause. So ungefähr anderhalb bis zwei Stunden nach mir, wenn ich Büro bin. Man merkt, die Uhren ticken hier tatsächlich anders! Wir trafen uns also vor ihrem Büro und sahen uns nach langer Zeit mal wieder. Es fühlt sich tatsächlich wie eine Art Nachhausekommen an, wenn man eine seiner besten Freundinnen in einer Stadt trifft, die man einigermaßen kennt. Nach einer durchquatschten Stunde ging es für mich weiter an den Strand Nova Icària.

An der Strandpromenade ...

... in Richtung Nova Icària

Ich bin das gesamte Stück an der Strandpromenade entlangspaziert, bis ich nach einer guten Stunde den Strand erreicht hatte (wer es genau wissen will: Ich habe mich natürlich verlaufen) und dort Filipe gefunden hatte. Filipe macht nämlich freitags schon mal um 15:00 Uhr Schluss, und bei dem absoluten Bombenwetter, das wir hatten, lässt er den Arbeitstag am Strand ausklingen. Wie kann man besser das Wochenende einläuten? :-)

Am Strand liefen Getränkeverkäufer umher, die aber nie aufdringlich wurden. Der Strand war voller Menschen, die endlich mal wieder die Sonne genießen konnten. Es hat nämlich die Tage vor und auch jetzt, nach Pfingsten, in Barcelona wie aus Eimern gegossen, so wie hier. So viel Dusel muss man erst mal haben, genau die super Sonnentage zu treffen.


Haben grüne Früchte nicht etwas Magisches? Wassermelone, Limetten, Cherimoyas, Avocados, Gurke.

Die gute Mandelmilch, die man in Spanien günstig und überall bekommt.


Filipe und ich konnten uns jedoch irgendwann vom Strandpanorama losreißen und machten noch eine Tour durch das Hafenviertel. Dann ging es nach Hause. Ich als Deutsche lag nach einem weiteren Rundgang auf der Gran de Gràcia brav früh im Bett, während Filipe noch in die Altstadt zog, um Barça (der Fußballverein in Barcelona) gegen Bilbao anzufeuern. Die Jungs haben aber auch ohne meine Unterstützung gewonnen. Was ich dann morgens um 6:00 Uhr an den noch halbverkleideten, angetrunkenen und ganz müden Fußballfans in der Metro erkannt habe. Ergebnisse auch ohne Sportschau!

Samstag, 26. Mai 2012:
Eine Sache, die ich vor sieben Jahren nicht besichtigt habe, ist der Montjuïc. Dieser beherbergt das Olympiastation (Estadi Olímpic), das 1992 seinen großen Auftritt hatte. Dadurch, dass ich wirklich um 6:00 Uhr losgekommen bin, hatte ich den Berg quasi für mich alleine. Ich bin überall ein Mal langgelaufen, vorbei an den schönen Gärten, dem Museum MNAC (Museu Nacional d’Art de Catalunya) und dem tollen Bau von Mies von der Rohe, in dem die berühmten Barcelona-Sessel stehen. Es hatte zwar alles zu, weil hier vor 10:00 Uhr wirklich so gar nichts geöffnet hat, aber das sollte mich nicht schocken. Die Temperaturen waren noch angenehm, die Sonne mild, die Touristen noch in ihrem Betten: Montjuïc, morgens zwischen 6:00 und 9:00 Uhr gehörst du nur mir.

Der Blick vom Olympiastation in Richtung Stadt.

Mittags bin ich zum Essen und die obligatorische Siesta wieder zur Wohnung gefahren.

Speziell für die Oma - ein Gingko-Baum!

Nachmittags brachte Anna uns eine vegane und glutenfreie Tortilla vorbei, was ich unglaublich lieb fand. Ich glaube, sie bestand größtenteils aus Olivenöl, aber schmeckte einfach nach Spanien, Sonne, Gastfreundschaft, und dem wahrhaft südländisch-entspannten Lebensgefühl.

Nachmittags bin ich noch mal in der Stadt herumgelaufen. Man sieht Barcelona nicht an, dass es Spanien wirtschaftlich nicht so gut geht, befand ich. Viele neue Geschäfte hatten aufgemacht, die es vor sieben Jahren noch nicht gab, unter anderem ein toller Laden mit veganen Schuhen, Taschen und anderen Accessoires. Und es gibt mittlerweile sage und schreibe vier vegane Restaurants in Barcelona! Ich habe es in keins davon geschafft, da ich mit meinem Essen in der Wohnung so glücklich war. Aber generell sieht die Stadt aus, als florierte der Einzelhandel. Das lässt doch hoffen.

Der schöne vegane Laden.


Abends gab es dann die Tortilla mit Maiswaffeln, und dann war ein sehr schöner Tag wieder rum.

Speziell für meine Kindergartenfreundin Claire ;-)

Abends habe ich dann total vergessen, der lieben Nina aus der Obst-Gruppe zu ihrem Geburtstag zu texten. Wurde am Sonntag nachgeholt!

Sonntag, 27. Mai 2012
Heute war der tollste Tag von allen. Morgens habe ich mich per Email/Telefon/sonstigem Durcheinander mit Frauke verabredet. In Spanien gewöhnt man sich frühe Absprachen schnell ab, und macht einfach, wie es kommt. Und es klappt dann trotzdem immer alles, so scheint mir fast.

Die Plaça de Lesseps, auf dem Weg zu Frauke

Ich spazierte zu Fraukes Wohnung, und dort hat Marcos (ihr Mann) mich kurz begrüßt, um danach ins Fitnessstudio zu verschwinden. Paula (Fraukes und Marcos Tochter, 5 Jahre) und ihre Halbschwester Judit (6 Jahre) waren da und spielten in Paulas Zimmer. Beide sprachen die fast die ganze Zeit Spanisch, obwohl Paula auch noch gut Deutsch kann. Jedenfalls gab es viel Gelächter, viel Gesang, und, wie bei richtigen Geschwistern, auch viel Streit. Frauke und ich haben trotzdem Zeit gefunden zum Quatschen haben wir trotzdem, und ich war beeindruckt, wie gut Frauke die beiden im Griff hat.

Auf dem Weg zum Spielplatz


Wir sind dann mit den Kindern zum Spielplatz gegangen und haben uns in das Café daneben gesetzt, um, ja genau, weiterzuquatschen. Wir hatten uns nun mal unendlich viel zu erzählen, und wir sehen uns mittlerweile so selten. Wir philosophierten auch über Freundschaft, und was für ein Glück es ist, wenn es für beide ok ist, wenn man sich selten meldet (das heißt bei uns: Am Geburtstag eine Email mit nur einem Satz, und vielleicht sonst über das Jahr eine SMS). Einfach, weil man weiß, dass der andere gerade auch keine Zeit hat. Weil man sich schon so lange kennt, dass man keine Unsicherheit mehr empfindet, wenn der andere sich nicht meldet. Und sobald man sich wiedertrifft, ist alles, als hätte man sich erst gestern das letzte Mal gesehen.

Wir spazierten wieder zur Wohnung zurück, wo wir dann mit Marcos Pizza mampften. Mit Kindern ist das ja noch mal weitaus lustiger. "Ich will die Pizza von Lissa essen!" und "Wo ist eigentlich Paula?" - "Die ist auf Klo, aber ich weiß nicht, ob Pipi oder Aa" - willkommen in der Welt von größeren Kindergartenkindern, die einfach eine erfrischende Sicht auf die Dinge haben.

Irgendwann bin ich dann direkt zum nächsten Treffen gegangen. Wie damals immer hatten sich meine schottische Freundin Mhairi (gesprochen ungefähr "wari") und ich an der Metrostation Fontana verabredet. Und ratet, wer sich echt kein Stück verändert hatte? Die gute Mhairi. Ich war total fasziniert. Sie gestand, dass sie zwischendurch befürchtet hatte, wir könnten uns eventuell nach sieben Jahren peinlicherweise nicht mehr erkennen. Das klappte jedoch super, und ich habe mich einfach wahnsinnig gefreut, sie wiederzusehen. Es ist doch immer eine intensive Zeit, wenn man mit anderen Menschen im Ausland ein paar Monate teilt. Von hektischen Schwangerschaftstest (keine Sorge, nicht ich) über Diskussionen über Styling bis hin zu getrockneten Tränen, weil der Chef echt ein absolutes Schwein ist - man hat in der kurzen Zeit doch viel zusammen erlebt. Und weil ja niemand jemand Vertrautes vor Ort hat, schweißt das ganz schnell zusammen.

Mit Mhairi ging es dann auf die Plaça del Sol. Frauke, Marcos, die Kinder und Filipe wollten später noch nachkommen. Wie richtige Spanier eben. Die eine Horde kommt später, die erste genießt schon mal ein kühles Getränk. So leicht lebt es sich hier! Na gut, alle bestätigten mir, dass dies der erste richtig schöne Tag des Jahres sei, und sie sich alle tatsächlich sieben Jahre nicht gesehen hätten. Bekloppt, aber meistens braucht es ja doch einen bestimmten Anlass, um mal aus dem Alltag auszubrechen und sich wiederzusehen.

Die Plaça del Sol in der Abendsonne

Wir zogen vom Café weiter zur nächsten Plaça, Frauke und ich machten in der Zwischenzeit bekloppte Fotos von uns (die wirklich toll geworden sind, was vermutlich nur der erkennt, der dabei war), warteten, bis alle Kinder wieder ihre Inliner angezogen hatten, und flanierten in der Abendsonne als glücklich vereinte WG und Freundesgruppe von vor sieben Jahren durch das südlich-warme Barcelona. Wir machten mit Filipe alle Psychotests, die uns einfielen (vor allem den vom Aborigine, den kannte noch keiner!), die Kinder wurden von einer jungen Frau bespaßt, die riesige Seifenblasen zauberte, und überhaupt schien ganz Barcelona völlig beseelt auf all den Plaças in den kleinen Cafés zu sitzen und einfach das Dasein zu genießen.

Die Seifenblasenfrau und begeisterte Kinder. Am besten waren aber echt die Seifenblasen, die Paula und Judit später selbst machen durften!
Größer als diese zum Beispiel.

Man sollte meinen, dass so ein Tag nie endet, und wir verlängerten ihn auch, so gut es ging. In der Wohnung bekamen Paula und Judit von Filipe noch fürsorglich Pudding, während wir gemütlich auf der Couch saßen und "über damals" redeten. Frauke und Marcos haben sich nämlich überhaupt erst ein einem Club auf der Plaça del Sol kennengelernt, und überhaupt ist das alles mein Verdienst, wenn ich das mal so bescheiden sagen darf. Frauke, Filipe und ich wollten damals abends weggehen. Die beiden wollten in einen Salsa-Schuppen. Ich hasse Salsa. Ich hätte auch nichts gesagt, hätte mich damals nicht das vage Gefühl beschlichen, dass wir an diesem Abend woanders hingehören. Auf meinen Protest hin gingen wir also bei uns um die Ecke in den Club an der Plaça del Sol*. Filipe ging früh als Erster nach Hause. Und just, als Frauke sich beschwerte, dass so gar keine coolen Leute in dem Club wären, sah ich sie: Zwei Typen, im vollen Saft, so cool, dass die Luft klirrte, und im strammen Marsch auf die Tanzfläche unterwegs. "Guck mal, da sind doch coole Leute". Was ich erst Monate später erfahren sollte, ist, dass Marcos Freund uns damals auch gesehen hat und uns auch toll fand. Ihr seht, Frauke und Marcos hätten das ohne uns gar nicht geschafft. Der andere Typ und ich haben dann aus Höflichkeit ein bisschen miteinander getanzt, aber wir hatten beide im Grunde nur ein wachsames Auge auf Frauke und Marcos. Die waren nach kurzer Zeit eng umschlungen im Tanzen begriffen und hatten uns völlig vergessen. So war das. Zwei Jahre später war ich Marcos Trauzeugin (ich danke ihm heute noch dafür) und die kleine Paula wird bald sechs Jahre alt. Ach ja, wie das Leben so spielt.

Als die Kinder mit dem Pudding fertig waren, spielten wir noch auf Spanisch "Stille Post". Ok, mein Spanisch ist echt ok, aber mit einem Ohr voll Pudding, Kinderärmchen um den Hals und einer aufgeregten kleinen Spanierin, die die zweite Hälfte des Satzes irgendwie schneller zu sprechen scheint als die erste, wird selbst Stille Post schwierig. Die Sätze, die herauskamen, waren doch jeder auf seine Weise eine Art Kunstwerk, und am lustigsten war es, aufzuklären, bei wem es gehakt hatte (ich war mindestens bei der Hälfte der Fälle verantwortlich, muss ich zugeben).

Marcos und Paula bei der Weitergabe eines Satzes bei der Stillen Post.

Und so endete ein wunderschöner Tag dann doch irgendwann mit müden und glücklichen Kindern und müden und glücklichen Erwachsenen.

Montag, 28. Mai 2012
Heute ging es nach Hause, und diesmal auf Filipes Tipp hin per Zug aus der Innenstadt direkt zum Flughafen.

Zwischendurch bin ich noch in einen Volkslauf geraten, denn Laufen erfreut sich auch hier in Spanien immer weiter wachsender Beliebtheit.

Kurz nach dem Startschuss
Eins meiner Lieblingsgebäude auf dem Weg zum Zug.

Der Flughafen Barcelona ist echt nicht so gut organisiert wie andere, dafür riesengroß. Aber als mittlerweile flugerfahrene Reisende schockt mich auch nicht mehr, dass das Gate erst acht Minuten vor Abflug angezeigt wurde. Und angesagt schon gar nicht.

Und dann nahm mich Benjamin in Düsseldorf wieder in Empfang, und dann war der tolle Kurztrip auch schon zu Ende.

Und damit gehen wieder ganz liebe Grüße an die Oma, die liebe Leseratte! :-)

*Wer Spanisch spricht, der hat sich vielleicht an der ein oder anderen Stelle über die Schreibweise einiger Wörter gewundert. Barcelona liegt in Katalonien, und da steht tatsächlich alles auf Katalanisch.