Mittwoch, 22. Februar 2012

Australien: Brisbane






Wer den Eintrag zu Omas 88. Geburtstag verpasst hat, liest den hier ganz schnell nach. Viel wichtiger als Brisbane!

So ihr Lieben, mittlerweile liegt die erste richtige Station Australiens hinter mir: Brisbane. Das spricht sich, als wuerde es "Brisben" geschrieben, in phonetischer Analogie zu Aspen in den USA.

Da es hier einiges zu berichten gibt, steigen wir direkt wieder mitten ins Geschehen ein:

Sonntag, 12. Februar:
Morgens war ich noch in Auckland, und mein Job bestand vormittags darin, die restlichen Durianpackungen leerzuessen (das war einfach), alles zu packen (das war auch einfach) und zum Flughafen zu kommen. Letzteres gestaltete sich ziemlich lustig, weil drei junge Maenner, die mit Sicherheit eine Rockband sind, mit all ihren Instrumenten auch zum Flughafen wollten. Irgendwie fand ich die drei total nett, und wir unterhielten uns ein bisschen. Ein zweifelhafter Asiate mit total komisch gefaerbten Haaren (sind es nicht die kleinen Hinweise, denen man folgen sollte?) bot uns an, uns fuer nur 10 Dollar pro Person zum Flughafen zu bringen. Der Bus kostete 16 Dollar. Irgendwann hat er es tatsaechlich geschafft, die Rockband zu bequatschen. Ich glaube, mehr als das Gepaeck von drei Personen passte ohnehin nicht in das Auto. Die nette Rockband fragte noch ein paar Mal, ob ich wirklich nicht mit wollte, aber ich habe dankend abgelehnt. Hoffentlich sind sie alle heil am Flughafen angekommen, und auch wirklich zum vereinbarten Preis.
Ich bin dann von Auckland nach Brisbane geflogen, was ohne weitere Vorkommnisse war. Mittlerweile fuehle ich mich total in der Materie und fast wie eine Vielfliegerin.
Als ich dann in Australien gelandet bin, setze fast umgehend eine tiefgreifende Muedigkeit, oder vielmehr Entspannung ein. Ich konnte gar nicht dagegen an - endlich war ich in Australien, und mein Koerper beschloss, sich daher jetzt richtig auszuruhen.
Ich bin in der Jugendherberge abgestiegen. Ich muss hier mal ein kleines Loblied auf Jugendherbergen (YHA) singen. Die, die ich bisher besucht habe, sind wirklich von hohem Standard, wirklich sauber, und haben viele Angebote und Verguenstigungen. Obwohl sie sich nicht damit bruesten, sind viele YHAs "gruen", soll heissen sie trennen alle erdenklichen Muellsorten und haben ueberall Schildchen, die dazu auffordern, Wasser zu sparen, dekoriert mit adretten Piktogrammen und wassersparenden Maennchen und daher sehr eingaengig. Toll!
Am Flughafen hat mich allen Ernstes ein 22-jaehriger Nepalese zu einer naechtliche Tour durch Brisbanes Clubs eingeladen. Muede, wie ich war, und aus einem ganzen Blumenstrauss von weiteren Gruenden, habe ich dankend abgelehnt. Aber insgeheim doch irgendwie gefreut. Ich habe auch nicht gefragt, was er gedacht hat, wie alt ich bin. Einfach so stehen lassen und freuen.
Aufgrund meiner ploetzlichen Tiefenentspannung bin ich den Rest des Tages nur einkaufen gegangen und war einmal in der Innenstadt. Gluecklicherweise schickte mich ein starker Platzregen wieder nach Hause. So lag ich den Rest des Tages nur im Bett (was echt mal wieder schoen war). Ausserdem waren es in Brisbane feuchte 35 Grad, ein Grund mehr, zur soften Eingewoehnung erst mal im klimatisierten Zimmer zu bleiben.

Montag, 13. Februar:
Heute war ich noch mal in der Innenstadt, und es hat wieder geregnet, ich war online (Verabredung mit meiner Freundin fuer morgen und vor allem Paulas Geburtstag!) und ich lag wieder fast nur im Bett. Meine Zimmernachbarin fragte schon mitfuehlend, ob es mir nicht gut gehe. Ich antwortete milde laechelnd, dass ich einfach nur abwarte, bis sich wieder so etwas wie Bewegungsdrang einstelle. Sie lachte, nickte und fragte ob meiner apathischen Koerperhaltung auch nicht weiter nach.

Dienstag, 14. Februar:
Morgens war ich in Chinatown und habe Durian gekauft. Ich kam schon richtig in Zeitnot, habe aber mit einem metaphorischen Hechtsprung noch meinen Zug zur Gold Coast bekommen. Ich fuhr eine gute Stunde bis Robina Station, wo mich meine liebe Fruchtfreundin Michelle abholte. Michelle ist toll: Sie hat mehrere Buecher ueber natuerliche Geburten und natuerliche Ernaehrung geschrieben, hat drei Jahre von 100% (Gourmet-)Rohkost gelebt und ist dann auch zur Fruchternaehrung gekommen. Momentan isst sie aber, was sie zwischen die Finger bekommt, sagte sie - sie und ihre Familie ziehen bald um, und ihr Mann ist aktuell noch auf Jobsuche. Irgendwie beruhigend, dass auch andere nicht immer alles 100% im Griff haben. Und das Schoene ist, dass wir uns schon laenger ueber das Internet kannten, und uns daher nicht lange zu erzaehlen brauchten, wer wir sind, was wir machen, und vor allem, warum wir das so machen. Das sind die Vorteile von Freunden vom gleichen Schlag.
Michelle hat viele tolle Fotos von sich online, aber auf die Schnelle habe ich nur eins gefunden, was jedoch trotzdem einen sehr guten Eindruck von ihr vermittelt:


Wir hatten einfach einen supertollen Tag zusammen. Wir sind erst mal in ein Rohkostrestaurant gegangen (Gourmetrohkost, nicht Obst-Rohkost) und haben einen riesigen, superleckeren Salat gegessen und danach Rohkosttorte (jupp, sowas gibt es). Das alles bestand quasi nur aus schweren Nuessen, und so mussten wir fast lachen, als wir nach dem Essen fast zu faul waren aufzustehen. Irgendwann haben wir es dann aber doch geschafft.
Weiter ging es zu Tropical Fruit World. Das ist sowas wie das Fantasialand fuer Fruchtliebhaber. Was war das toll. Echt unglaublich. Die reifesten, suessesten und tollsten Obstsorten lagen im Fruchtgeschaeft. Ich habe viele Fotos gemacht, da ich viele Sorten gar nicht kannte, noch nicht mal vom Namen. Erschreckend. Wir haben dann einiges gekauft. Weil Valentinstag war, hat uns der unglaublich liebe Herr, dem Tropical Fruit World gehoert bzw. der es fuehrt, die Rundfahrt auf den Plantagen geschenkt. So duesten wir in einem kleinen Bimmelbus mit einigen Asiaten durch die wunderschoenen Obstplantagen der Gold Coast, und ich habe am Ende der Fahrt meinen Kiefer wieder hochgeklappt. Wahnsinn. Ich habe so vieles noch nie am Baum gesehen. Unfassbar toll duftende, teils fussballgrosse Fruechte hingen an den Zweigen und fielen doch noch nicht runter. Da waere ich gerne mal eine Nacht eingesperrt - ich haette mir ein Haus neben dem Jackfruchtbaum gebaut und dann sein schoenes Obst gegessen.




Irgendwann endete auch hier unser Besuch, und so fuhren wir zum Strand in Burleigh. Wir spazierten am Strand entlang und Michelle erklaerte mir, dass man von dort aus den Touristenort Surfer's Paradise sehen koennte (den ich ausgelassen habe, da er nur ein Partyort ist).
Ich bat sie, mich vor toedlichen Tieren zu warnen. Sie lachte und meinte, dass die eher weiter noerdlich waeren, aber sie mich natuerlich warnen wuerde, sobald eine todbringende Spinne sich mir gefaehrlich naehern wuerde. Wir setzten uns in den Schatten der Baeume und assen unsere Beute von Tropical Fruit World. Ich bin sehr stolz auf meinen guten "fruit picking skills", also meine Faehigkeit, aus mehreren Obstsorten genau die rauszupicken, die am besten schmeckt. Ich glaube, ich bin darin wirklich gut. Michelle mag naemlich keine Canistel. Ich hatte noch nie welche gegessen, geschweige denn gesehen. Ich hatte aber eine orangene Frucht entdeckt, die ich einfach essen wollte. Michelle meinte, dass das eine Canistel waere, ich die aber ruhig alleine essen koennte. Ich liess am Strand aber nicht locker und brachte sie dazu, doch mal zu probieren. Sie guckte ueberrascht und meinte, dass diese Canistel wirklich gut waere, und dass sie offenbar bisher unreife Canisteln gegessen haette. Da freute ich mich doch sehr. Auf dem Foto unten sind Canisteln abgebildet. Sie schmecken suess und lecker mit einem Hauch Kuerbispuree.


Auf dem Rueckweg erlag ich fast einem Herzinfarkt, der dadurch ausgeloest wurde, dass ein Schwarm von Papageien auf einmal unter lauten Getoese losflog. Ich konnte meine Augen gar nicht genug aufreissen - ich habe noch nie Papageien in der freien Wildbahn gesehen. Sie waren bunt, schoen und laut.
Irgendwann waren wir dann muede, und Michelle musste zu ihren drei Kindern und ihrem Mann, und ich musste zu meinem Zug zurueck nach Brisbane. Waehrend der Fahrt zum Bahnhof berichtete mir Michelle noch von ihren drei Entbingungen, und ich hoerte gebannt zu. Sie bot mir an, fuer meine Entbindungen nach Deutschland zu kommen, falls ich mich dadurch sicherer fuehle. Ich halte es im Hinterkopf!

Mittwoch, 15. Februar:
Heute bin ich durch die Stadt spaziert und bin dabei auf einen ganz tollen Wochenmarkt gestossen. Das Angebot war riesig, und an frischen Produkten mangelt es Australien wirklich nicht. Ich habe zum ersten Mal Cane Juice getrunken - etwas, wovon meine australischen Fruchtfreunde immer schwaermen. Zu Recht, das Zeug ist wirklich lecker! Meiner hatte Minze und noch etwas anderes mit drin und sah in etwa aus wie auf dem Foto.


Ich habe ausserdem ein sehr nettes Paar aus Simbabwe (aber europaeischer Abstammung) kennengelernt, dass einen Litschi-Stand hatte. Sie nennen Litschis auch Litschis. Die Australier nennen sie (phonetisch) Leitschis. Warum auch immer, es widerspricht eigentlich den Ausspracheregeln. Weiter fuehrte mich mein Weg in das Museum Sciencentre von Queensland (Queensland heisst der Bundesstaat hier). Ein tolles Museum, und ich habe viel Zeit darin verbracht und mir ganz viele dahingeschiedene und dann praeparierte Tiere angeguckt (endlich waren sie nicht zu schnell fuer meine Kamera ...) und die Unterdrueckung der Aborigines vor Augen gefuehrt. Mir war gar nicht bewusst, wie viel Dreck die Europaeer hier wieder am Stecken haben. Seufz.
Ich bin weiter spaziert in Richtung South Brisbane und Westend. Auf dem Weg sprach ich eine Kuenstlerin an, die die Stadt verschoenerte und deren Werk ich dankenswerterweise auch schon mal fotografieren durfte.
Ich weiss nicht, ob mir auch die (nur) drei Stunden Zeitumstellung oder die Hitze zusetzten, aber ich war schon wieder muede und ging in Richtung Hostel.  Dort habe ich noch meine weitere Route geplant und habe dann weiterhin nichts gemacht.

Donnerstag, 16. Februar:
Morgens habe ich mal in Ruhe alle meine Sachen sortiert. Da meine Zimmernachbarinnen abgereist waren und ich ueber Nacht alleine im Zimmer war, hatte ich viel Platz. Dann bin ich endlich zur Post und habe das Paket nach Hause geschickt mit all den Sachen, die ich hier in Australien wohl nicht mehr brauche. 3kg weniger, hurra!
Ich bin danach durch die botanischen Gaerten und an den tollen City Beach spaziert (ein Strand mitten in der Stadt ... ok, kuenstlich, aber schoen!).
Spaeter habe ich mir bei Telstra ein Sim-Karte gekauft. Die ersten Test-SMS ergaben, dass ich damit auch SMS verschicken kann. Danke noch mal fuer eure schnellen Antworten! John, der nette Handyverkaeufer, hat sich meiner Fragen und Gedanken zum Thema SIM-Karte wirklich aufopferungsvoll angenommen und zeigte mir am Ende unserer Gespraechs noch Fotos von seinem Deutschlandurlaub. Es gibt ihn noch, den guten Service!

Freitag, 17. Februar:
Heute sass ich mal wieder im Bus und hatte daher wieder das schoene Gefuehl, wirklich zu reisen. Ich bin in den wunderschoenen Kuestenort Noosa gefahren.



Im Bus durften wir einen Film gucken und danach noch Radio hoeren. Und wir hatten ein Klo! Gepeinigt von den unterhaltungs- und toilettenfreien Bussen in Neuseeland fuehlte ich mich direkt wieder wie im Serviceparadies.
In Noosa habe ich wieder in der Jugendherberge uebernachtet. Nachmittags war ich noch am Strand und bin durch die kleine Einkaufsstrasse geschlendert. Gross ist Noosa nicht, aber wirklich putzig und schoen. Egal, wem gegenueber man es erwaehnt, alle sagen: "Oh, Noosa! Ich liebe Noosa. Es ist sooo schoen da". Alle tragen dort Hippie-Kleidung in bunten Farben und mit leichten Stoffen, und alle nennen einen "Darling" oder "Love", aber auf eine angenehm unaufdringliche Weise. Abends bin ich noch barfuss am Strand entlang spaziert, und kam mir mit meinen Schuhen in der Hand und meinen wehenden Haaren vor wie eine Romanheldin von Rosamund Pilcher, die mit bedeutungsschwangerem Blick am Strand ueber ihr Leben nachdenkt. Ich hingegen habe nur gedacht: "Wie unglaublich schoen!".
Abends habe ich Curry gegessen und beschlossen, dass es das letzte Curry in meinem Leben war. Ich hasse einfach Gewuerze. Ich mag nur Kraeuter wie Basilikum oder am liebsten Minze. Ich hatte schon das milde Curry genommen, aber trotzdem hat es mir den halben Mund weggebrannt. Ich kann's einfach nicht. Genaugenommen ist es nicht das Currypulver, sondern die Chilis, die die Mischung so furchtbar scharf machen. Schweissgebadet und mit mehreren Glaesern Wasser bewaffnet habe ich trotzdem aufgegessen - bezahlt ist bezahlt, und ich hatte ehrlich gesagt nichts anderes mehr.
Mein Zustand schien mir jedoch keinen Abbruch zu tun. Auf dem Weg zurueck zu meinem Zimmer sprachen mich zwei heiratswillige Junggesellen an, der eine aus Neuseeland und der andere aus Australien. Ich weiss nicht, was es war - die abenteuerliche Ausstrahlung, die man hat, weil man am naechsten Tag wieder faehrt, oder die feminine Verletzlichkeit, die man ausstrahlt, wenn man gerade wieder durch eine kraeftige Prise Chili erfahren hat, was Demut bedeutet: Die beiden haben wirklich alles gegeben. Ich habe mich trotzdem nach 10 Minuten freundlich verabschiedet. Maenner, die in Jugendherbergen rumhaengen, sollten jeder Frau suspekt sein. Bestimmt wollen sie nur in die Eurozone einheiraten! Passt gut auf, Maedels.

Samstag, 18. Februar:
Tagsueber war ich noch in Noosa unterwegs (online und einkaufen). Vor dem Supermarkt war ein Stand vom WWF, und zwei nette junge Leute wollten die einkaufenden Passanten fuer den Tierschutz gewinnen. Nun muss man wissen, dass ich an diesen Staenden immer besonders viel Spass habe. Der nette junge Student aus Kanada und ich unterhielten uns ueber Tierschutz, und ich fragte ihn, ob er wuesste, wie er noch mehr Tiere retten koennte - naemlich, indem er sie weder als Kleidung traegt noch aufisst (versucht den Satz mal, das klappt immer). Der junge Herr brachte mich doch sehr zum Lachen, als er sagte, dass er wenigstens keine gefaehrdeten Tierarten esse. Ok, ich habe das ausnahmsweise gelten lassen. Aber auch nur, weil er vorher nach meinem Studentenausweis gefragt hatte. Dafuer gab es einfach noch mal 10 Sonderpunkte.
Den Tag ueber hatte ich noch Zeit, da mein Bus erst gegen Nachmittag zurueck nach Brisbane fuhr. Ich habe am Strand gelegen und bin stundenlang mit den Wellen mitgesprungen. Ein Spass fuer Jung und Alt, kann ich da nur sagen. Stundenlang standen einander bis dahin unbekannte Menschen zusammen im Wasser, hopsten ueber herannahende Wellen oder tauchten unter den ganz grossen (und schon umgekippten) hindurch, und guckten sich danach begeistert an mit den Worten "Die war jetzt aber echt hoch, ne?". Ach, schoen. Ein Tag am Strand ist einfach etwas Tolles.
Ich stand immer mit dem Blick zum Ufer in den Wellen, damit ich mein Gepaeck beobachten konnte. Ich hatte dummerweise eine Moewe mit einer Traube gefuettert, und daraufhin hatte die Moewe kapiert, dass in dem Plastikbeutel etwas zu Essen ist. Ich habe sie um mein Gepaeck herumschlendern sehen - Tiere sind ja zum Schreien lustig, wenn sie sich unbeobachtet vorkommen. Gut, wie Menschen meistens sind, hat ein lieber Opa aus England sich aufopferungsvoll darum gekuemmert, dass die Moewe nicht an die Trauben kommt. Er scheuchte sie weg, legte mein Handtuch ueber die Trauben und klatsche wild in die Haende, um die diebische Moewe von ihrem Plan anzuhalten. Ich bin dann irgendwann aus dem Wasser raus und habe ihn unter vielen Danksagungen von seiner Mission erloest und die Trauben in den Rucksack gepackt. Aber schoen, dass doch immer noch jemand aufpasst, wenn man gerade unter einer Welle durchtaucht.
Geduscht habe ich in den oeffentlichen Duschen im Waeldchen am Strand, immer darauf bedacht, einem potenziellen toedlichen Giftangriff einer australischen Spinne zu entgehen. Wie man an diesem Blogpost sieht, hat es geklappt.
Im Bus bin ich dann bei einem Film weggedoest und kam wenig spaeter in Brisbane an.
Dummerweise hatte ich vergessen, dass der grosse Supermarkt schon um 17:00 Uhr zugemacht hatte. So stand ich ohne Essen in Brisbane und machte mich auf in die Stadt, um dort etwas zu besorgen. Geschockt vom Angebot der kleinen Laeden (Chips und Cola) bin ich in die Stadt gegangen, wurde aber auch dort nicht fuendig. Dann hoerte ich zwei junge Damen darueber reden, ob Brisbane vegan-freundlich sei oder nicht. Ich sprang auf sie zu, bat um Entschuldigung fuer die Stoerung und fragte, ob sie vegan lebten und hier ein vernuenftiges Asiarestaurant gefunden haetten. Sie sagten, dass sie in der Tat vegan lebten und gerade aus Chinatown gekommen waeren und dort gut gegessen haetten. Wir beschwerten uns noch beeinander ueber die unmoeglichen Oeffnungszeiten der Australier, lobten uns gegenseitig fuer unseren Lebenswandel und zogen dann wieder unserer Wege. Meiner fuehrte nach Chinatown, wo ich in der Tat nach einem Tag mit nur ein paar Trauben und Crackern ein ganz tolles Abendessen bekam (klare Pilzsuppe und Reis mit Gemuese). Puh. Tag doch noch gerettet.
Auf dem Weg zurueck zum Hostel sah ich eine nette Dame um die 50, die sich mit ihren Koffern abrackerte. Ich rief ihr zu, ob sie eine helfende Hand braeuchte. Kennt ihr dieses Phaenomen? Normalerweise sind Leute dann ganz ueberrascht, laecheln entschuldigend und rufen zurueck "Oh, hehe, danke, geht schon". Nicht so die Dame. Sie guckte mich an, ueberlegte, und sagte dann: "Wissen Sie was? Gerne!". Und so zog ich ihren Koffer durch Brisbane und empfahl ihr meine Jugendherberge. Ich hatte ihr irgendwie angesehen, dass sie noch nicht wusste, wo sie uebernachten wollte, und meine Zimmernachbarinnen hatten mir erzaehlt, welche Hostels nicht gut seien. Es stellte sich heraus, dass die nette Dame eine Ziegenhirtin aus Tasmanien war. Wie spannend, oder? Ich erzaehlte ihr, dass ganz Europa die tasmanische Prinzessin Mary kenne (Schaemt euch, falls ihr das nicht wusstet! Daenisches Koenigshaus!), und dass meine erste Begegnung mit Tasmanien der tasmanische Teufel aus dem Kindertrickfilm gewesen sei. Sie fand das sehr lustig. Bald waren wir dann auch beim Hostel, und dort konnte ich die nette Ziegenhirtin guten Gewissens an der Rezeption "abgeben".

Sonntag, 19. Februar:
Heute war wieder ein herausragender Tag. Einfach wunderschoen. Aber der Reihe nach. Die schoene Frau auf den Fotos ist Anne Osborne, auf deren Empfehlung ich vormittags auf einem wunderschoenen Markt in der Northey Street war. Der Markt ist komplett bio und bietet wirklich fuer jeden Geschmack etwas. Ich bin dort etwa eine Stunde hingegangen und auch eine zurueck. Zu wenig Bewegung ist hier eher selten ein Problem, was ich toll finde. Der Markt hatte eine ganz eigene Stimmung, und es sang sogar ein junger Mann live. Ich dachte erst, dass Musik liefe, aber sogar die Musik wurde auf '"natuerliche" Weise produziert (und war wirklich schoen!). Der Markt hat eine schoene Hippie-Stimmung, und jeder ist bemueht, einen mit sanften Methoden zu heilen, oder einem wenigstens natuerliches Essen zu bieten.



Mein Haendchen fuer die Fruchtauswahl wurde heute auf die alles entscheidenen Probe gestellt. Ich konnte nichts probieren und haben quasi "blind" gekauft. Wuerde mein Obst in der Qualitaet fuer Anne genuegen?
Nach dem Besuch auf dem Markt ging es fuer mich auch direkt in den Zug in Richtung Sunshine Coast, wo Anne wohnt. Ich war tatsaechlich eingeladen, sie zu Hause zu besuchen und kam mir fast vor, wie ein kleines (frucht-)gekroentes Haupt. Was fuer eine Ehre. Anne ist naemlich unter anderem Autorin des unten abgebildeten Buches und lebt ausserdem seit 20 Jahren ausschliesslich von Obst. In unserer Gemeinschaft ist sie ein Star. Ich glaube, das kann man so sagen. Umso spannender war es natuerlich fuer mich, sie jetzt mal in natura zu treffen!


Als mein Zug am Bahnhof einfuhr, war es wieder mal ein ueberraschender Moment fuer mich, dass Anne und ihr Sohn Cappi tatsaechlich so aussehen wie auf den Fotos. Wenn man Leute nur vom Bildschirm kennt und dann wirklich sieht, ist das immer ganz komisch. Anne drueckte mich als Willkommensgruss, und auch der kleine Cappi schlang seine Arme um meinen Hals. Unser Treffen begann also schon sehr herzig!
Wir sind dann zu Fuss zu Annes Haus. Ich stellte beruhigt fest, dass Anne auch schwitzt, wenn es so warm ist. Ich unterstelle den Stars manchmal, dass sie Uebermenschen sind, die alles aushalten koennen.
Wir hatten einfach einen ganz, ganz tollen Tag zusammen. Ich weiss gar nicht, von wem ich mehr beeindruckt war, von Anne oder von Cappi. Ich glaube, Cappi ist das schlaueste Kind der Welt. Er muss nicht zur Schule gehen, sondern Anne unterrichtet ihn zu Hause. Ausserdem isst er seit seiner Geburt nur Obst und nichts anderes. Er ist wirklich unfassbar entwickelt fuer sein Alter. Als Anne und ich uns zum Beispiel ueber die Kosten von Obst unterhielten, warf Cappi Saetze ein wie "Und eure Kalkulation beruecksichtigt noch nicht mal die Kosten fuer Kuehlung und Lagerung". Sprich: Saetze, die man von einem Siebenjaehrigen nicht unbedingt erwartet.
Wir gingen nach mehreren Obstellern in den Garten, wo Anne mir den grossen Mangobaum zeigte. Sie erzaehlte mir vom Fruchtfestival in der Naehe von New York (auf dem Kris und ich letztes Jahr leider nicht waren), und von einem Frutarier, der glaubt, dass es gut sei, gegen die Schwerkraft zu leben und der deshalb viel Handstaende machen. Sein frisches Aussehen gebe ihm Recht. Und darauf folgten noch tausend andere spannende Sachen, ueber die wir uns unterhielten.
Zwischendurch fiel mir auf, dass Cappi seine Mutter auch oft beim Vornamen nennt. Ich dachte immer, ich sei das einzige Kind, dass das regelmaessig macht (ohne seine Eltern dabei auf die Schippe zu nehmen, meine ich).
Dann spielten wir mit Cappi Flugzeug-Weitwurf, denn Cappi ist ein ausgesprochener Fan von Hubschraubern und Flugzeugen. Wir entwickelten verschiedene Techniken, um moeglichst weit zu werfen, die je nach Wind mehr oder weniger Erfolg zeigten.
Irgendwann meinte Cappi, dass er jetzt das Flugzeug wieder "auf die altmodische Art und Weise" werfen wuerde und drehte es auf den Kopf. Bis heute habe ich nicht verstanden, wie er darauf kam, aber wir lachten uns darueber schlapp. Noch mehr lachen mussten wir, als wir ueberlegten, ob der Anti-Schwerkraft-Typ vielleicht in solchen Flugzeugen reisen wuerde. So stand ich an diesem schoenen Sonntag Nachmittag mit einem Lachkrampf bei Anne Osborne im Garten und wir mussten kurz aussetzen, bis wir wieder Flugzeuge werfen konnten.
Spaeter probierten wir mein Obst, und Anne sagte woertlich, dass die Feigen "wirklich sehr gut" seien. Auch die Trauben seien "von hoher Qualitaet". Ich weiss gar nicht, wie ich diesen Ritterschlag beschreiben soll. Stellt euch vor, Fussball ist eure Leidenschaft, und ihr kickt bei Franz Beckenbauer im Garten und er klopft euch freundschaftlich auf die Schulter und sagt, dass eure Torschuesse wirklich gut sind. Ungefaehr so geadelt fuehlte ich mich.
Anne ging irgendwann mit der Katze Gassi, und Cappi und ich spielten im Haus Kristall-Geschaeft. Cappi war der Inhaber, und ich war abwechselnd Kundin und Lieferwagen fuer neue Kristalle (immer fuer die Kristalle, die ich als Kunden vorher erworben hatte). Cappi und ich sind echt auf einer Wellenlaenge - er hatte viele tolle Ideen und hat meine Ideen auch immer ins Spiel mit eingeflochten. Was hatten wir einen Spass. Ich habe mehrfach vergessen, dass er erst 7 ist.
Irgendwann musste ich dann wieder zurueck zum Bahnhof. Anne packte mir mein Obst ein, waehrend ich kurz im Bad verschwunden war. Ich habe ihnen natuerlich trotzdem das Obst geschenkt. Ich habe dort so viel Gastfreundschaft erfahren, dass das das Mindeste war, was ich ihr noch geben konnte. Cappi schenkte mir dafuer wiederum einen Macadamia-Nussknacker (Anne: "Cappi, nimm nicht den, der ist angeknackst, gib Lissa den guten!"). Ich kam aus dem Danken und dankbar Sein kaum noch raus.
Anne fragte auf dem Weg, wo genau in Brisbane ich untergekommen sei. Mir fiel der Name des Viertels nicht ein, und ich sagte, dass es mit P anfinge. Cappi fragte: "Petrie?" Ich war voellig ueberrascht und antwortete, dass das richtig sei. Cappi erklaerte, dass er das in meinem Unterbewusstsein gelesen haette, denn da haette ich es gewusst. Ich glaube ihm das sogar - bei Cappi ueberrascht mich gar nichts.
Cappi und ich haben uns zum Abschied noch tausend Mal gedrueckt: Als Anne gerade zum Kiosk joggte, um meinen 50 Dollar-Schein zu wechseln, damit ich am Automaten ein Ticket kaufen kann; Als wir dachten, dass der Zug kommt; Als der Zug dann kam; und noch ein mal zum Abgewoehnen. Ich glaube, wenig Dinge sind im Leben schoener als das Zutrauen und die Zuneigung von Kindern, und ich versprach Cappi, dass ich versuchen wuerde, sie bald wieder zu besuchen, und erklaerte, dass Europa jedoch recht weit weg sei. Wer moechte schon ein Kind enttaeuschen. Ich hoffe aber wirklich, dass es bald wieder klappt.
Wer jetzt denkt, dass die Highlights des Tages damit zu Ende waren, der irrt. Es ging noch weiter. Im Hostel war ich mittlerweile mit einer sehr netten und resoluten Hollaenderin und einer Schottin auf dem Zimmer. Wir waren alle muede, aber unterhielten uns noch. Da die Schottin ihr Bett unter meinem hatte, legte sie zum Unterhalten ihren Kopf an die Bettkante und ich guckte oben ueber meine nach unten. Ich liebe diese fast intime Freundschaftlichkeit, die in Hostels spontan mit Fremden aufkommt.
Ich hoffe, es gelingt mir, die naechste Szene annaehernd so lustig zu beschreiben, wie sie war: Wie bloedelten herum und beschlossen, dass wir im Hostel genug Action haetten und keine teuren Aktivitaeten braeuchten. Ich ereiferte mich darueber, wie anders der Raum oben von meinem Bett aussaehe, dass ich hier eine ganz andere Perspektive haette, und dass der Aufstieg hierher mich zu einem anderen Menschen gemacht haette. Die Niederlaenderin schlug vor, dass wir statt dem "Bridge Climb" in Sydney den "Bed Climb" bei uns im Zimmer anbieten koennten, naemlich auf ein Bett, ueber den Schrank und dann auf ein anderes Bett und wieder runter. Aus "Sicherheitsgruenden" duerfte niemand eine Kamera mitnehmen. Oben wuerde dann von den Leuten ein Foto gemacht, dass sie spaeter fuer 20 Dollar kaufen koennten. Ungefaehr so laeuft es naemlich auf so Touren. Wir lagen schallend vor Lachen in unseren Hostelbetten, und die Niederlaenderin kletterte tatsaechlich von ihrem Bett in meins - da lag bestimmt ein Meter dazwischen. Wir applaudierten und verkauften ihr ein imaginaeres Foto fuer preiswerte 20 Dollar. Ach echt, das war wirklich lustig, wahrscheinlich vor allem, wenn man selbst involviert war.

So, Freunde der Reiseberichte aus der Sonne, damit endet der Eintrag zu Brisbane. Ich kann mich nicht beschweren, nicht genug erlebt zu haben. Strand, zwei beruehmte Fruchtfreundinnen, tolles Obst, Lachanfaelle, Ziegenhirtinnen - es war wirklich alles dabei.

Ich bin mittlerweile schon in Sydney, was etwas ruhiger laueft, aber daher nicht minder schoen ist. Ich stimme Matthias K. aus R. voll zu: Sydney ist vermutlich wirklich die schoenste Stadt der Welt.

Habt einen tollen Tag, und bis zum naechsten Eintrag!
Eure Lissa

Die YHA in Brisbane. Sehr zu empfehlen!

Diese Vögel laufen wirklich überall herum.





Brisbane, ein ganz großer Anwärter auf dem Podest meiner ganz persönlichen Liebingsstädte - eine Innenstadt mit Rauchverbot!
Es gießt wie aus Eimern.

Die Dachterrasse der Küche, Brisbane YHA.


Mein Essen. Schöner Ausblick, nicht wahr? :-)





Vom Zug aus geknipst - eine Stadt ragt in der australischen flachen Landschaft richtig hervor. Ich meine, das wäre Brisbane, aber keine Garantie.

Weiter im Zug. Tiere, flaches Land, blauer Himmel.

Im Rohkostrestaurant mit Michelle. Boah, war der Salat gut.

Und der Nachtisch erst!

Tropical Fruit World an der Gold Coast.


Mamey sapote (ganz rechts) wollte ich seit Jahren schon probieren. Sie schmeckt wie gekochte Süßkartoffel, und die mag ich nicht so sehr. Meine mamey sapotes habe ich trotzdem voller Erfurcht gegessen.





Achachas schmecken wie Zitronensorbet. Nur besser. Meine persönliche Entdeckung dieser Reise.












Mit Michelle am Strand. Am Horizont sieht man Surfer's Paradise - die Städte heißen hier wirklich so.

Canistel. Superlecker. Irgendwie wie Kürbiskuchen mit der Konsistenz von gekochtem Eigelb. Wenn man sowas zu essen hat, braucht man echt nicht mehr zu kochen. Wie will man so etwas verbessern? Ich weiß es nicht.

Michelle und ich nach einem tollen Tag wieder am Bahnhof.


Meine mamey sapote.


Sind Klischees nicht einfach schön? :-) Und freuen wir uns nicht alle, dass alle Bayern mit Deutschland gleichsetzen?



Habt ihr schon mal Tomaten gesehen, die so rot leuchten? Wow.


 
Im Museum.
 

Schuluniformen.



Die Tiere auf den folgenden Bildern sind selbstverständlich in einem artgerechten Tierhospiz im Kreise ihrer Lieben von uns gegangen. Hüstel.




















Mein Favorit ist das Vieh in der Mitte.













Dieses Foto ist speziell für Trixi.

Dieses auch. :-)









Manche Bilder waren verhüllt, weil sie nach dem Glauben der Aborigines in verschiedenen Situationen nicht gezeigt werden dürfen (z.B. kurz nach dem Tod der Person).






Straßenkunst.
Diese Frau musste ich als Gesamtkunstwerk auch fotografieren.

Raw cane juice! Endlich. :-)

Eine zünftige Mahlzeit aus ganz seltsamen Gemüsewürstchen, Avocado, Hummus, Ketchup, Gurke, und Reiscrackern. Was man unterwegs eben findet und gut transportieren kann. Runtergespült mit einer Fanta.


Die Länge der Laufstrecke ist in diesem Park direkt eingezeichnet, sehr praktisch.



Da ist der Vogel wieder!



Diese Fahrräder sind leider nur für australische Bürger. Na toll.

Wunderschön.



Extra für Paulas Freundin Ella.








Der City Beach, ein Strand in der Stadt.








Speziell für die Oma.

Dito.

Speziell für Berni.


Seht ihr den kleinen, blauen Käfer?

Achachas.

Die Jugendherberge in Noosa.



Noosa Beach.
 

Die kleine Einkaufsstraße von Noosa.







Und da habe ich geduscht.
Noch mal tolle Käfer.


 
Abends bin ich dann doch noch fündig geworden.

Brisbane bei Nacht.

Northey Street Market - auf den Tipp von Anne Osborne hin.






Macadamias, einfach so auf der Straße.



So sah die Ananas wirklich aus. Echt lustig.

Unser Frucht-Fest bei Anne im Wohnzimmer.

2 Kommentare:

  1. Lissa, dein Bericht klingt mal wieder wahnsinnig schön. Ich wäre auch gerne in Brisbane oder Sydney gerade, ich kann mir so gut vorstellen, wie gut du es gerade hast ;-) Dein Treffen mit Anne war bestimmt ein echter Knaller. Hach! Du hast mich mit deinem Post auf ungeahnte Weise inspiriert. Ich L I E B E Curries jeder Art, ich könnte sie zu jeder Zeit ständig essen. Und darauf will ich verzichten, weil ich denke, dass es ungesund sein könnte? Ich wünsche dir eine wunderbare Weiterreise und alles Liebe aus Schmuddeldeutschland. Nina

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  2. Wow...mir fehlen echt die Worte!
    Es klingt einfach gigantisch!
    Ich kann mir ungefähr vorstellen, wie du dich bei Anne gefühlt haben muss.
    Du muss ein wirklich guter Fruitpicker sein!

    Lieben Gruß
    Kris

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