Donnerstag, 15. März 2012

Australien: Tasmanien

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Tasmanien habe ich ganz besonders lieb gewonnen. Ohne lange einfuehrende Wort ist hier, was ich dort erlebt habe:

  
Dienstag, 6. Maerz:
Heute ging es nach Tasmanien. Tasmanien, oder "Tassie", wie man hier sagt, haette ich fast ausgelassen, wenn Matthias K. aus R. mir nicht dazu geraten haette. So flog ich also beherzt in Richtung Hobart, der groessten Stadt in Klein-Tassie, die mit ihren 200.000 Einwohnern dann auch so gross gar nicht ist. Tassie selbst hat die Groesse von Irland, um einen ungefaehren Eindruck zu vermitteln.
Im Flugzeug habe ich weiter meine Datteln gegessen. Ich bin immer wieder ueberrascht, welch spontane Euphorie man doch durch eine Box Datteln ausloesen kann. Die Stewardess juchzte voellig begeistert auf, dass sie auch so gerne Datteln esse, und wir unterhielten uns kurz, aber froehlich, ueber die verschiedenen Dattelsorten. Ich komme mir immer vor, als wuerde ich eine Packung voller dunkelviolett-leuchtender, funkelnder Edelsteine oeffnen. Sofort bricht begeistertes Geschrei aus, und die Menschen stroemen in Scharen auf die Box voller suesser Datteln zu. Ich weiss nicht, wie viele ich schon verteilt habe. Ich glaube, die Aktion "Obst fuer die Welt" nimmt langsam ihren Lauf. ;-)
Mir fiel im Flugzeug auf, dass ich beim Abheben ueberhaupt keinen Druck auf den Ohren hatte, und auch nicht den leichten Schwindel, den ich sonst habe (und von dem ich stets instaendig hoffe, dass der Pilot ihn nicht hat). Eine interessante Beobachtung, denn das ist mein erster Flug nach einigen Tagen nur Datteln & Aepfel.
Beduinen (oder waren es andere Wuestenbewohner?) leben angeblich teils tagelang von Datteln, weil das das einzige ist, was sich in der Wueste gut mitnehmen laesst. Datteln sind wirklich das ideale Reise-Essen. Die Beduinen haben keinen Mixer - sind sind wahre Reisende. Sie koennen nicht abends zusammensitzen und tolle und ausgefallene Datteldrinks mixen - "Hier, anderer Beduine, probier mal, das ist mit Ananas" - "Oh, Beduine Nummer 1, das ist ja lecker, so richtig tropisch! Probier mal meins, das ist mit Carob, ganz schokoladig!". Nein, der wahre Beduine sitzt unter seinem Umhang mit coolem Blick im Zelt und isst die Datteln einfach pur, seine Kohlenhydratspeicher stets im Blick, denn er weiss, dass er den naechsten Tag wieder durchwandern muss.
In Hobart gelandet, habe ich doch tatsaechlich den netten Herren von der Quarantaene ueberzeugen koennen, dass mein Obst keine Keime nach Tassie einschleppen wird, und so durfte ich tatsaechlich alles mit von Bord nehmen.
In Tassie bezog ich dann nach einer kleinen Odyssee (Beschreibung folgt) ein ganz tolles Hostel, das im Brunswick Hotel untergebracht ist. Ich  habe mich dort mehr als wohl gefuehlt, denn das Hotel hat eine sehr urige Atmosphaere. Ich entdeckte ausserdem direkt drei vegetarische Restaurants direkt neben dem Hotel. Hobart machte wirklich alle Anstalten, meine neue Lieblingsstation zu werden.
Auf dem Weg zum Hostel ereignete sich eine Situation, die man oft erlebt, wenn man den Fehler macht, einen Rucksack zu tragen und gleichzeitig einen Moment konzentriert auf eine Karte zu schauen: Es lockte jemanden an, der den richtigen Weg erklaeren will. Es sprach mich also ein netter Herr aus England an, der sich in Hobart gut auskannte. Jetzt habe ich nicht gerade tiefgreifendes Vertrauen in meine Orientierung (einfach aus Erfahrung), aber als er sagte "Kommen Sie einfach mit, hier entlang" warf ich zoegernd ein, dass es meiner Meinung nach woanders entlang gehen muesste. Er laechelte wissend und meinte nur mit einem Augenzwinkern: "Ich wohne seit 30 Jahren hier, ich weiss, wo es lang geht".  Ich liess mich also vertrauensvoll auf das Wissen der lokalen Bevoelkerung ein und trabte ein Stueck neben dem Englaender her und wir hielten einen netten Smalltalk. Er fragte mich dann zu meiner kichernden Ueberraschung, ob ich aus den USA kaeme. Er ueberhoerte dann im Folgenden, dass ich sagte "No .... Germany!" und fragte daraufhin "Or are you from Canada?". Er war Muttersprachler und er hat's tatsaechlich erst gemerkt, als ich zum zweiten Mal gesagt habe. "Really? You have a strong American accent". Hihi. Ich glaube, amerikanisches Englisch ist das einzige Englisch, dass ich bewusst nachahmen kann. Beim britischen und australischen oder neuseelaendischen Englisch muss ich mehr nach Gefuehl sprechen und kenne mich weniger aus, und dann merken die Leute es doch meistens schnell. Aber gebt mir noch ein paar Jahre und vielleicht mal endlich Aussprachetraining, dann wird das schon!
Jedenfalls folgte ich dem Herren weiterhin durch Hobart, bis er dann zugeben musste, dass wir nicht ganz richtig waren. Ich zeigte ihm auf der Karte, wo wir waren. Ich zeigte ihm auch, wo wir haetten entlang gehen koennen. Ich liess es mir dann auch nicht nehmen, darauf hinzuweisen, dass es von der Liverpool Street aus am kuerzesten gewesen waere - die Strasse, von der er mich ueberhaupt erst aufgelesen hatte. Hach ja.
Er fuehrte mich dann etwas betreten in die Liverpool Street zurueck und zeigte mir, in welcher Richtung das Hostel sein muesste. Ich bedankte mich und kontrollierte auf der Karte, ob das stimmte (als er weg war - ich wollte ihn noch weiter beschaemen). Unfassbarerweise war sogar das falsch. Ich ging also in die entgegengesetzte Richtung und fand das Hostel dann selbst, einfach nur die Karte und ich. Oh Mann. Ich fuehlte mich danach unbesiegbar - zum Einen hatte ich mich erfolgreich einem Muttersprachler gegenueber als Amerikanerin getarnt, zum Anderen hatte mein Orientierungssinn den der lokalen (und maennlichen) Bevoelkerung weit uebertroffen - ein Gefuehl, das man mit meinem Orientierungssinn wirklich nicht oft geniessen kann. ;-) Ich hatte im Flugzeug einfach so viele Datteln gegessen, dass mich Gehirn auf absoluten Hochtouren laufen konnte. Ich sollte das wirklich oefter machen.
In meinem Zimmer waren tatsaechlich nur sympathische junge Damen. Nach Tassie kommen vermutlich nur die netten Leute, und das laute Partyvolk bleibt im "mainland". Unser Zimmer bot Platz fuer zehn Personen, aber die ganze Zeit ueber waren wir nur ein Mal zu fuenft, und den Rest der Zeit waren wir sogar noch weniger.
Es war an dem Tag wirklich eisig in Hobart. Es muessen so um die fuenf Grad gewesen sein. So schlenderte ich in eins der Restaurants und liess mich von einer ganz lieben Philipina mit einer feinen Suppe bekochen, die wirklich sehr nahrhaft, saettigend und waermend war. So liessen sich die fuenf Grad doch direkt wieder aushalten. Ich erklaerte der netten Koechin, wie toll es sei, dass sie so problemlos vegan und glutenfrei kochen koenne. Sie sagte, dass ja "so viele Menschen vegan lebten", dass das mittlerweile fuer sie normal sei. Ich hoffe, ich treffe diese Menschen alle eines Tages mal - ich kenne sie jedenfalls (noch) nicht.
Gestaerkt und aufgewaermt von der guten Suppe fing ich nun an, Hobart zu erkunden. Ich ging in die schoene Kirche in der Stadt. Ich setzte mich dort fuer eine Weile hin und nahm von meiner Cousine Abschied, die vor ein paar Tagen nach lebenslanger Krankheit verstorben ist. Wir haben uns nie oft gesehen oder gesprochen, aber Familie ist einfach Familie. Und so sass ich etwas verheult in der Kirche in Hobart und nahm von hier aus eine ganze Weile lang Abschied, da ich zu Hause nicht dabei sein kann.
Als die Emotionen wieder ein wenig abgeklungen waren, bin ich wieder durch die Stadt spaziert. Ich kontrollierte im Taschenspiegel, ob ich noch sehr verheult aussah, und befand mich fuer wieder normal aussehend. Daher ging ich dann in das erste der vielen schoenen Geschaefte, die Hobart zu bieten hat. Es handelte sich um ein sehr huebsches Geschaeft mit vielen Parfums der suedfranzoesischen Parfuemerie Fragonard. Die Besitzerin hatte wirklich etwas fuer Frankreich uebrig - ueberall hatte sie kleine Eiffeltuerme aufgestellt, sie selbst war fuer meine Begriffe sehr franzoesisch gekleidet und gestylt, und der leichte Charme einer franzoesischen Kleinstadt in der Provenz hing in der Luft. Wir unterhielten uns eine ganze Weile, und sie erzaehlte mir von ihrer Zeit in Muenchen. Mit einem Laecheln und einem "Tschuess" verabschiedeten wir uns.
Ich erkundete noch den kleinen Hafen von Hobart und die Umgebung - wirklich gross oder weitlaeufig ist es dort nicht.
Abends war eine junge Frau aus Hong Kong noch in unser Zimmer eingezogen. Sie erzaehlte viel von Hong Kong und betonte mehrmals, wie gut Datteln seien. In Asien muessen Datteln etwas ganz Besonderes sein. Ob sie eine Rolle in der Traditionellen Chinesischen Medizin spielen? Jedenfalls scheinen meine asiatischen Mitreisenden sich noch mehr fuer die Datteln zu begeistern als der Rest. Meine Zimmernachbarin erklaerte mir, dass Datteln gut seien gegen Blutarmut, Blaesse, Schwaeche, innere Kaelte, und generell gut fuer Frauen, besonders vor und nach der Periode. Oder, wie man vielleicht vereinfacht sagen kann: Einfach fuer alles.

Mittwoch, 7. Maerz:
Ich fruehtstueckte meine Datteln mit meiner sehr netten hollaendischen Zimmernachbarin Geraldina und hatte kurz darauf einen Friseurtermin. Ich hatte mir das ganz toll vorgestellt, wie ich in Sydney zum Friseur gehe - klingt das nicht super? "Ich war in Sydney beim Friseur". Nun hatte ich ein wenig die asiatische Einwanderungswelle der letzten Jahre unterschaetzt und musste in den grossen Staedten, besonders in Sydney, feststellen, dass dort in jedem Friseursalon Asiaten arbeiten. Ich habe mir jedoch vor ein paar Jahren geschworen, nur noch Menschen an meinen Schaedel zu lassen, die ganz aehnliche Haare haben wie ich (es hat sich einfach bewaehrt). Asiaten haben nun mal glatte Haare, und ich habe undurchschaubare und unergruendliche Naturwellen, die besonderer Faehigkeiten beduerfen. Ausserdem verunsichert mich, dass die asiatischen Kulturen nicht sagen, wenn sie etwas nicht verstanden haben, um ihr Gesicht nicht zu verlieren. Hinterher denke ich, sie haben mich verstanden, und dann verliere ich alle meine Haare! Nee, nee, so konnte das nicht klappen.
In Hobart hatte ich nach der staerkenden Suppe in einem kleinen Friseursalon nebenan eine sympathisch aussehende Frau gesehen, deren Haare meinen sehr aehnelten. Ich wusste, dass sie auf dieser Reise meine Friseurin sein wuerde. Ich machte daher direkt einen Termin, und sie war tatsaechlich die einzige, die ueberhaupt noch Zeit hatte. Und sie hiess auch noch Linda, wenn ich das richtig verstanden habe - genau wie meine geliebte Friseurin zu Hause, die auch genauso Haare hat wie ich. Hurra. Hatte das also auch noch geklappt.
So schnitt mir Linda an diesem Morgen meine Haare genauso, wie ich es haben wollte. Ich gruesste sie von meiner Mutter (Mami, bald kennt dich halb Australien!), und sie gruesste lachend zurueck. Linda hat selbst vier Kinder, ist mit denen irgendwann ausgezogen, als ihre Ehe einfach vorueber war, und hat sich ein neues Leben in Hobart aufgebaut. Sie brachte mir bei, dass man Kinder am allerbesten mit Sand oder Wasser beschaeftigt, weil sie dabei am kreativsten sein koennen und sozusagen kaum etwas nicht klappen kann. Wer also seinen Kindern einen frust-armen Nachmittag bescheren moechte, setzt sie laut Linda am besten in die Badewanne oder faehrt mit ihnen an den Strand.
Ich hatte meiner Mutter vor der Reise versprochen, dass es ueberall auf der Welt auch liebe Mamis gibt, die sich vor Ort um mich kuemmern wuerden. Die nette philippinische Koechin war selbst eine Mami und hatte mir eine ganz tolle Suppe gekocht, und die liebe Linda aus Nordtasmanien hatte sich meiner Haare angenommen. Das Hostel hatte eine nette Dame (bestimmt auch eine Mami) an der Rezeption und war eins der bequemsten, das ich bisher hatte, und ich schlief dort selig. Ich fuehlte mich so richtig betueddelt und sog die tasmanische Herzenswaerme in mich auf, die die Mamis vor Ort fuer mich uebrig hatten.
Mit wieder gesunden Haarspitzen ging es dann voller Tatendrang in Richtung Touristeninfo. Dort buchte ich fuer denselben Tag eine Fahrt auf den Mount Wellington, fuer den naechsten Tag einen Tagestrip nach Port Arthur und den letzten Tag in Hobart einen Tagestrip in die Wineglass Bay. Von dort aus sollte es nach Launceston gehen, und von Launceston aus, so hatte ich mit Evan vereinbart, wuerde ich mit dem Flieger wieder in die Blue Mountains kommen (was bei den verschiedenen Flugpreisen und seinen Tagestouren gar nicht so einfach war).
Ich spazierte dann durch den Botanischen Garten und ueber den Fruchtmarkt (wo ich ungefaehr alles fand, nur irgendwie wenig Obst). Ich ass ein paar Datteln und ging danach in das zweite der drei vegetarischen Restaurants.
Spaeter fuhr ich dann mit einem kleinen Touristenbus auf den Mount Wellington. Dort oben hatten wir recht erfrischende minus 3,5 Grad. Nach feuchten 35 Grad in Brisbane vor noch wenigen Wochen war das doch ein ziemlicher Abstieg - irgendwie wird es auf jeder Station wirklich merklich kaelter. Obwohl es erst schlecht aussah, weil man vor lauter Wolken kaum etwas sehen konnte, haben sich die Wolken doch sehr touristenfreundlich fuer fuenf Minuten so geoeffnet, dass wir Hobart unter uns sehen konnten. Wir knipsten unsere Kameras heiss, spazierten alle noch eine kleine Runde ueber den Berg, und dann fuhren wir auch schon wieder Richtung Hobart zurueck ins Tal.
Abends lernte ich im Hostel eine sehr nette Englaenderin kennen, mit der ich laenger gequatscht habe. Sie fand, ich wuerde deutlich juenger aussehen als 30. Das fand die nette Dame aus Hong Kong am Vorabend auch. Ha. Vielleicht sollte ich nur noch Datteln essen und so viel schlafen wie hier, das scheint ja wirklich das Geheimrezept zu sein.
Ich betone das ueberhaupt nur, weil ich frueher immer fuer aelter gehalten wurde, was mich immer furchtbar gekraenkt hat. Wer sieht nach dem 20. Lebensjahr gerne aelter aus, als er ist? Ich bin ja schon begeistert, dass ich eine ganze Zeit lang wenigstens schon mal nur so alt aussah, wie ich nun mal bin. Und ich bin voellig von den Socken, nach meiner Dattel-Apfel-Kur so oft zu hoeren "Echt, du bist 30? Ich haette dich jetzt ein ganzes Stueck juenger geschaetzt". Ha. Muss ich mir merken und in meine Liste der Gruende aufnehmen, warum ich Datteln esse.
Abends bin ich mit einer jungen Dame namens Usha (?) durch Hobart spaziert. Wir haben uns sofort unglaublich gut verstanden, und hingen bald lachend in Hafen von Hobart und hielten uns die Baeuche. Usha ist Ingenieurin, moechte aber doch lieber ihrer Passion folgen und Koechin werden. Sie ist fuer eine Woche in die Wildnis Tasmaniens geflogen, um in sich zu gehen und ihre Entscheidung zu treffen. Sie gehoert zu den Menschen, denen man alles zutraut, was sie sich vornehmen. Ich glaube, beide Entscheidungen waeren ein guter Weg fuer sie.

Donnerstag, 8. Maerz:
Los ging es auf eine Tagestour nach Port Arthur. Das war frueher ein Gefangenenlager. Evan sagte mir spaeter, dass er mich schon warnen wollte, dass so ein ja doch teils sensibles Gemuet wie ich sich vielleicht dort nicht wohlfuehlt. Er haette es mal besser gemacht. Zum Einen sind dort hunderte von Menschen grauenvoll gequaelt worden, zum Anderen fand dort vor ein paar Jahren noch ein Massaker statt, als ein Mann durchgedreht ist und im Cafe der Anlage das Personal und andere Touristen niedergeschossen hat. Man kann also sagen, der Ort hat nicht unbedingt das beste Karma, oder wie man es auch immer nennen will.
Als ich es gebucht habe, klang es noch gar nicht so wild. Naja, ich finde es trotzdem gut, es im Programm gehabt zu haben. Das Leben besteht nun mal nicht nur aus Straenden. 
Auf der Hinfahrt erklaerte und unser netter Fahrer noch einiges zu Tasmanien und zu Hobart. Abgesehen von der beruehmten Mary Donaldson aus Hobart, die mittlerweile mit dem daenischen Prinzen Frederik verheiratet ist und mit ihm eines Tages ueber Daenemark herrschen wird, lernten wird, dass:
  • Es in Tasmanien keine Koalas gibt (auf der Great Ocean Road hatten wir aber frei lebende Koalas in den Baeumen gesehen, von daher verschmerzte ich diese Tatsache zwar mit viel Muehe, aber dann letzten Endes doch erfolgreich)
  • Hobart 1804 gegruendet wurde und damit die zweitaelteste Stadt Australiens ist (bitte jetzt nicht fragen, welches die aelteste ist, das hat er nicht gesagt)
  • Die "Rush Hour" im morgendlichen tasmanischen Berufsverkehr erfordert, dass die kleine Autobahn von 7:00 - 9:00 Uhr zwei ihrer ganzen drei Spuren in die Stadt hinein oeffnet. Nach 9:00 Uhr wird die mittlere Spur wieder umgekehrt und fuehrt wieder aus der Stadt heraus. Wie niedlich. 
  • Die Natur, bzw. die Baeume Gegenstand eines politischen Konfliktes sind: Stellt man sie unter Naturschutz und bewahrt sie (gruene Partei), oder nutzt man sie wirtschaftlich und kurbelt damit die tasmanische Konjuktur an (andere Partei)? Nicht so einfach.
Wir fuhren ausserdem auf dem Hinweg durch ein Dorf, in dem jemand seinem Haus einen Namen gegeben hat, der den Bestandteil "Doo" enthaelt. Die Nachbarn fanden das wohl witzig und folgten ihm. Jetzt hat dort jedes Haus ein Schild und alle haben Namen wie "Must Doo", "Just Doo It", "Love Me Doo", usw. Ich haette mein Haus natuerlich "Doo Rian" genannt, klar, in Anlehnung an die Tropenfrucht (auch auf die Gefahr hin, dass es nicht jedem Touristen einleuchtet).
Wir stiegen zwischendurch mehrmals aus und machten Pausen, um uns die schoene Gegend anzusehen. Tasmaniens Natur erinnert doch sehr an Neuseeland, um nicht zu sagen: Es sieht hier eigentlich genauso aus. Der Geruch duftender Nadelhoelzer hing in der Luft, es war kuehl und ein leichter Wind zog ueber das Land, und die Vegetation ist hier alles andere als tropisch, sondern gehoert zu den gemaessigten Klimazonen.
In Port Arthur haben wir uns dann die Gefangenenlager angeschaut. Manche waren total aus dem Haeuschen und fanden das superspannend. Eine (ansonsten sehr nette) Frau fand es sogar so gut, dass sie noch mal wiederkommen wollte. Wir hatten den ganzen Tag dort und die Grundflaeche der Anlage ist vielleicht so gross wie ein oder zwei Fussballfelder - ich weiss nicht, warum man sich in dieser kleinen Anlage mehr als einen Tag lang anschauen moechte, wie Menschen grauenvoll gequaelt wurden, aber gut. Wir sind nun mal alle verschieden. Wer sich dafuer interessiert, findet im Internet bestimmt etwas dazu - alle anderen koennen sich wie ich einfach ueber die Gewissheit freuen, dass es solche Praktiken heutzutage jedenfalls nicht mehr flaechendeckend gibt.
Um 13:00 Uhr machten wir eine kleine Bootstour, auf der ich den Altersdurchschnitt doch auffaellig senkte. Huestel. Ich glaube, mit Bootstouren bin ich jetzt auch durch. Es passiert ja in der Regel doch nicht viel mehr, ausser, dass man im Boot sitzt und das Ganze nochmals vom Wasser aus sieht. Das ist am Anfang einer Reise noch total aufregend und lustig, aber nach der sechsten oder siebten Bootstour beginnt der erste Zauber dann doch ein wenig nachzulassen, und man will einfach mehr aus seinem Tag herausholen.
Auf der Rueckfahrt haben wir noch einen Film ueber all die Geister gesehen, die in den Jahren in Port Arthur gesichtet wurden. Ich bin fuer sowas total empfaenglich und fand das daher sehr spannend, aber es war schon verdammt gruselig. Es gab eine Art Spezialfolterraum, in dem sich Menschen schon umgebracht haben, nur, um dem Horror der Foltermethoden zu entgehen. Dort wurden dann Jahre spaeter gestandene Maenner vom Personal der Touristenstaette heulend und zusammengekauert aufgefunden. Auf die Frage, was denn los sei, beschrieben sie, dass auf einmal eine grauenvolle Stimmung von ihnen Besitz ergriffen habe, und dass sie zwar den zweiten Weltkrieg miterlebt haetten, aber noch nie so etwas Furchtbares wie diese Kammer.
Das Lustige ist: Ich bin dort auch vorbeigekommen und wollte auch rein, fand aber, dass die Stimmung und "der Vibe", sowie auch mal wieder der Geruch, dort nicht meins waren und bin wortwoertlich rueckwarts wieder raus. Vielleicht war es gut so. Und in den angeblich spukenden Haeusern habe ich mir vorgestellt, in einer sicheren Blubberblase zu sein, zu der nichts vordringen koennte. Weiss man's? Im Zweifelsfall schadet so eine Vorstellung nicht, und bei all den Horrorstories, die den Touristen und dem Personal noch Jahre spaeter dort passiert sind, wende ich meine geistigen Kraefte mal sicherheitshalber zu meinem Schutz an (und wenn der einzige Nutzen nur darin besteht, dass ich furchtlos dort herumlaufen kann). Denn wenn etwas aus der Welt der Halbtoten jemanden beeintraechtigt, dann bestimmt am ehesten so einen Vogel wie mich.
Mein persoenliches Fazit: Lasst Port Arthur weg.

Freitag, 9. Maerz:
Nach der doch etwas bedrueckenden Tour nach Port Arthur ging es heute wieder raus in die Natur - hurra! Heute zeigte uns unser Tourguide Rob die Wineglass Bay. Das war ein ganzes Stueck zu fahren, jedenfalls von Hobart aus, und so bekam ich doch sehr viel von der tasmanischen Ostkueste zu sehen. Wir guckten auf der Hinfahrt einen absolut niedlichen Film ueber den Tasmanischen Teufel. Fuer meinen Mann und seinen Teil der Familie, so wie meine Mutter: Der kleine Kalle (ein Terrier-Mischling) hat sehr viel vom Tasmanischen Teufel. Die Teufel sind eher Einzelgaenger und sehen ganz lieb aus, bis sie auf einmal wie von der Tarantel gestochen durch die Gegend rasen und ihre kleinen, aber deshalb nicht weniger beeindruckenden Gebisse fletschen, und wild Krach machen. Man sollte sich mit den Teufeln nicht unbedingt anlegen - sie sind ein wenig unstet im Wesen, und ein wirklicher Freund des Menschen werden sie wohl nie. Sie werden als nervoes und "von Natur aus leicht angespannt" beschrieben.
Wir machten tagsueber viele Fotostops, kleine Wanderungen, und ich muss sagen, dass Rob von der Wineglass Bay Tour wirklich einen guten Job macht, wie der Amerikaner sagt. Der Tag war rundum sehr gelungen. Wir sahen Echidnas (die sehen aus wie grosse, dicke Igel) und spaeter auf dem Parkplatz sogar Wallabees. Wer Wallabees nicht kennt, stellt sich ein Kaenguruh vor, reduziert die Groesse auf die Haelfte und mischt dann die Fellbarbe und die Niedlichkeit eines Kaninchens dazu. Das sind vielleicht kuschelige Tiere! Unter Robs kompetenter Anleitung habe ich den/die/das Wallabee gestreichelt, das nach der Wanderung einfach auf dem Parkplatz sass und einen Apfelrest gefunden hatte. Man soll nur den Koerper streicheln und nicht den Kopf. Der/die/das kleine Wallabee liess sich geduldig streicheln. Wallabee sind sehr lieb, zutraulich und sanft im Wesen. Evan erzaehlte mir spaeter, dass sie auch weitaus intelligenter sind als Kaenguruhs. Sie laufen auch bei Nacht nicht auf die Strasse, sondern passen besser auf sich auf, und sind doch sehr kontaktfreudige Tiere. Wir sahen auf einem anderen Parkplatz noch Mutter & Kind, und bei so einer Miniausgabe von einer derart nieldichen Kreatur gab es viel "Oooh" und "Aah" in unserem Bus.
Ansonsten habe ich auf der Tour die sehr nette Jasmin aus Singapur kennengelernt, die ich dort treffen werde. Jasmin ist selbst auch fast so niedlich wie ein Wallabee, und auch sie geriet in voellige Ektase, als ich meine Datteln rausgeholt habe (Maenner: Keine Garantie, aber vielleicht ist das ein ganz neuer Ansatz, um Frauen kennenzulernen).
Sie war von den Datteln so begeistert, dass sie nach der Tour sogar ihr Hotel links liegen liess und vor meinem Hostel ausstieg, damit ich ihr zeigen konnte, wo genau ich die Datteln gekauft hatte. Schon lustig.
Ich stellte im Hostel nach ein paar Telefonaten fest, dass in Launceston alles ausgebucht war. Es fand dort irgendein grosses Konzert statt. Sollte das ein zweites Melbourne werden? Bitte nicht. Ich spielte wirklich jede Option im Kopf ein mal durch, entschied mich dann aber letzten Endes doch dazu, am naechsten Tag nach Launceston zu fahren.
Beim Einschlafen stellte ich mir ganz fest vor, dass ich am naechsten Abend in einem schoenen, sauberen, sicheren Bett liegen wuerde, und das unter normalen Umstaenden (also nicht: Krankenhausbett, Bett eines Kidnappers oder Aehnliches). Ich fuehlte ganz intensiv die tiefe Erleichterung, die ich spueren wuerde, wenn sich dann endlich ein Zimmer fuer mich auftaete. Mit diesem festen Glauben schlief ich ein.

Samstag, 10. Maerz:
Ich wollte heute Morgen eigentlich zum Salamanca Market in Hobart gehen, aber die beiden Tagestouren hingen mir noch in den Knochen, und ausserdem wollte ich fit sein fuer die Suche nach einer Unterkunft, auch wenn augenscheinlich wirklich absolut alles ausgebucht war. Letzten Endes waere es sicher ein netter Markt gewesen, aber ich kaufe sowieso nichts, von daher kam ich schnell darueber hinweg.
Um 9:30 Uhr ging es dann auch schon los in Richtung Bus, der mich nach Launceston bringen sollte. Viele bunt gekleidete und interessant gestylte Jugendliche waren offenbar auf dem Weg zum Konzert. Ich haengte mich an einen Herren, der aussah, als koennte er Geschichtslehrer oder Bibliothekar sein. Ich war mir sicher, dass er ein angenehmerer Sitznachbar war als die bunten Kinder mit ihren lauten mp3-Playern. Ich sollte Recht behalten.
Ich textete Jasmin an, um zu fragen, ob sie in Launceston schon ein Zimmer haette. Ich spielte alle Plaene durch, wie ich vielleicht irgendwie bei Jasmin unterkommen koennte. Ich wusste, dass sie am selben Nachmittag auch nach Launceston fahren wuerde. Sie uebernachtete jedoch bei einer Freundin und bot auch nicht an, dass ich zur Not auch dort bleiben koennte. Ich war also weiterhin ohne Unterkunft.
Irgendwann wurde mir klar, dass ich vor der Reise den Mund ziemlich voll genommen hatte. Ich hatte erklaert, dass ich zur ganz grossen Not, wenn alle Stricke reissen, und wenn es wirklich nicht mehr anders geht, einfach eine Nacht draussen unter dem Sternenhimmel verbringen wuerde. Diese Idee waere auch etwas aufregender gewesen, waere ich nicht schon total muede und platt von zwei Tagestouren in einem gewissen Schlaf- und Erholungsdefizit gewesen.
Ich dachte an die Aborigines und ihre Herausforderungen. Vielleicht war das heute einfach meine. Die Nacht wuerde letzten Endes auch vorbeigehen, und ich wuerde im Flugzeug in Richtung Blue Mountains zwar sehr muede sein, aber dann in Evans Kellerwohnung erst mal ganz lange durchschlafen. Ja genau. So wuerde ich es machen. Ich ueberlegte mir, was ich die Nacht ueber machen koennte: Mir mal in Ruhe alle Fotos von der Reise angucken, mein Gepaeck sortieren, vielleicht 10min doesen, bewaffnet mit meinem Gefro-Schwert; Ausserdem in der Stadt herumlaufen, da Bewegung wach haelt, Liegestuetze gegen Parkbaenke machen (wann kommt man schon dazu, ohne dass jemand guckt), und vielleicht zu Hause anrufen (die Zeit ist ja quasi perfekt). Das mit dem Anruf habe ich dann verworfen, weil ich nicht wollte, dass ihr euch Sorgen macht. Wie ein richtiger Aborigine war mir klar, dass ich diese Nacht ganz alleine wuerde durchstehen muessen. Vielleicht wuerde ich einen interessanten Penner kennenlernen. Wo wuerde ich zur Toilette gehen? Wie viel Wasser wuerde ich brauchen? Ich befand den Plan langsam fuer machbar, und mir wurde klar, dass mich am meisten stoeren wuerde, dass ich am naechsten Morgen nicht duschen und mir nicht richtig die Zaehne putzen koennte. Es wuerde unbequem, aber ich wuerde es schaffen. Hurra.
Als ich dann in Launceston ankam, freute ich mich schon fast auf meine Aborigine-Pruefung der durchwachten Nacht. Aber soweit sollte es gar nicht kommen.
Visualisierungen funktionieren so: Man konzentriert sich feste, feste, feste auf das Ergebnis (nur das Ergebnis). Man fuehlt, wie schoen es sich anfuehlen wird, wie erleichtert man sein wird, wie gut alles klappen wird, wenn es dann endlich so ist. Wenn man soweit ist, dass man es glauben kann, oder zumindest offen ist fuer die Moeglichkeit, dass es wirklich passieren koennte, dann ist man fertig.
Ab dann muss man genau auf seine innere Stimme achten. Geht man zuerst einkaufen und dann essen? Oder andersherum? Es kann sein, dass man beim Einkaufen jemanden trifft, der einem beim Erreichen des visualisierten Ziels weiterhelfen wird. Oder auch beim Essen. Das weiss man nicht, und deshalb muss man sich von seiner inneren Stimme, oder seinem Unterbewusstsein, oder was auch immer es ist, leiten lassen.
Wir ueben das jetzt am Beispiel meiner Unterkunft fuer Launceston: Ich habe mir am Vorabend vorgestellt, dass ich ein Bett finde. Dass es dann doch alles klappt. Wie Evan kurz anruft, um zu fragen, wann er mich genau abholen soll, und ob mit dem Zimmer alles gut gegangen ist, und ich dann lachend sagen kann "Nee, ist ok, hat doch noch alles funktioniert". Wie ich mein Zimmer beziehe. Die Erleichterung, die ich empfinde, wenn ich hoere "Ja, wir haetten da noch was frei".
Als ich dann mit dem Bus in Launceston ankam, bin ich erst zur Toilette und dann auf dem direkten Weg zur Touristeninfo. Dann erst wollte ich etwas essen oder mir die Stadt anschauen in der Hoffnung, bei den Hostels direkt noch mal fragen zu koennen, ob es nicht doch eine Notunterkunft gibt (das Personal hat ja eigene Zimmer, da haette zur Not etwas frei sein koennen). Ich habe nicht darueber nachgedacht - man muss dann einfach seinem Instinkt folgen und einfach machen.
Mein Timing hatte zur Folge, dass in dem Moment, als ich in die Touristeninfo kam, alles leer war. Die letzte Person ging gerade raus, und der naechste Schwall Leute war noch draussen. So hatte ich fuer ein kurzes Zeitfenster das Wissen der drei freundlichen Damen ganz zur Verfuegung stehen. Ich fragte bei der ersten an, ob sie eine Unterkunft fuer mich wuesste - ich haette schon alles durchtelefoniert, und bis zu einem gewissen Punkt sei mir Geld egal. Meine Alternative waere eine Nacht unter freiem Himmel. Sie sagte, dass das schwierig wuerde, aber telefonierte nochmals alles durch, wieder ohne Erfolg. Sie fand dann ein Zimmer fuer 279 Euro. Ich sagte, dass dieser Preis hinter dem gewissen Punkt laege, und wir guckten uns enttaeuscht an. Jetzt sollte jedoch die andere nette Dame, ein etwas aelteres Semester und bestimmt auch wieder eine Mami, das Ganze mitbekommen. Sie hatte gerade Zeit und rannte mit ihrem Kaffee umher.
Sie: "Reicht Ihnen auch eine Rucksacktouristen-Unterkunft?"
Ich: "Mir reicht alles".
Sie: "Denn das ist jetzt lustig, aber ich fahre seit Jahren jeden Morgen an diesem Pub vorbei, und just heute Morgen ist mir zum ersten Mal aufgefallen, dass sie dort auch Zimmer vermieten. Es wird nichts Dolles sein, aber ich rufe dort mal an".
Ich: "Sie sind ja der Wahnsinn, das waere ja fast unglaublich, wenn dort noch etwas frei waere".
40 Sekunden spaeter:
Sie: "Ich habe den Pub jetzt in der Leitung. Die haetten was fuer Sie frei. Sind 45 Dollar ok?"
Ich: "Absolut"
Sie: "Es waere aber ohne Kochmoeglichkeit"
Ich: "Voellig in Ordnung"
Sie (wieder in den Hoerer): Alles klar, ich schicke Ihnen die junge Dame jetzt rueber!".

Und da war sie dann: Die tiefe Erleichterung, die ich visualisiert hatte. Haaah. Hatte also doch noch alles geklappt.
Ab da lief es wieder wie geschnitten Brot - ich machte strahlend den thailaendischen Standardgruss als Zeichen meines Dankes und sagte, dass ich hoffte, dass ihnen jemand in Europa eines Tages auch so gut helfen wuerde. Die Damen in der Touristeninfo lachten. Sie zeichneten mir auf der Karte ein, wie ich gehen muesste, ich ging vor lauter Aufregung noch mal auf Toilette, und nach einem kurzen Marsch durch Launceston stand ich dann vor dem Pub, in dem ich nett empfangen wurde und voller Begeisterung den Zimmerschluessel entgegennahm wie den heiligen Gral. Hurra. Mein schoenes Bett fuer heute Nacht. Das Zimmer war fuer zwei Personen, aber es sollte niemand mehr kommen. Es war wirklich nichts Dolles, aber ihr koennt euch sicher vorstellen, wie ueberhaupt gar nicht schlimm ich das fand.
Da muss die Pruefung der durchwachten Nacht wohl ein anderes Mal kommen. Jedenfalls nicht in dieser Nacht. Zum Glueck.
Ich glaube, dass es ganz entscheidend war, dass ich auf meine innere Stimme gehoert habe. Stellt euch vor, ich waere etwas frueher oder spaeter in die Touristeninfo gekommen - die nette Dame waere beschaeftigt gewesen, und ich haette diese Info nie erhalten. Ich glaube wirklich, dass es immer so einen Ausweg gibt, egal, was passiert. Denn man muss schon zugeben, dass die Sterne jetzt fuer mich nicht gerade guenstig standen. Aber wenn man es wirklich, wirklich will, dann findet man diesen Ausweg. Er mag in der Touristeninfo sein bei der Frau, die zufaellig an dem Morgen zum ersten Mal gesehen hat, dass der Pub Zimmer vermietet, oder wo auch immer.
Wem das alles zu Hokuspokus ist: Kann ich verstehen, es klingt ja auch so. Aber wenn man das naechste Mal in einer scheinbar ausweglosen Situation ist, kann man es trotzdem probieren - ich sehe nicht, wie es schaden koennte, und im Zweifelsfall kommt man aus der Nummer wirklich ganz elegant raus.
Nachdem sich die Frage der Nacht (draussen oder drinnen) geklaert hatte, ergriff eine tiefe Entspannung von mir Besitz, die abgeloest wurde von einem jugendlich-frischen Tatendrang, der Launceston erkunden wollte. Ich spazierte also drauf los, schaute mir die Innenstadt an, und ging dann auf Nathans Empfehlung hin zur Cataract Gorge. Das ist ein wirklich wunderschoenes grosses Flussbett, und ich wuenschte, ich koennte hier Fotos einstellen. Stellt euch ein breites Flussbett in einer grossen Schlucht vor, mit einem kostenlosen Schwimmbad davor, und mehreren Bruecken, die ueber den Fluss fuehren. Ueberall gibt es Wanderwege, und alles ist gesaeumt von dichtem Gruen, das der Schlucht ihren wahren Charakter verleiht. Ich bin noch ganz begeistert von der Schlucht. Cataract Gorge - Praedikat "sehr empfehlenswert".
Danach spazierte ich weiter durch die Stadt und beobachtete an einem Flussufer ein Brautpaar, dass sich in hunderten Varianten ablichten liess. Ich legte mich auf der Holzbruecke hin und genoss einfach die Sonne Launcestons und hoerte dem Wasser zu. Aah. Urlaub. Alles laeuft gut. Ich bin in Sicherheit. Ich habe einen Schlafplatz. Ich habe genug Datteln. Ich habe frisches Wasser. Das Leben ist der Wahnsinn.
Als ich auf der Holzbruecke lag, ging oefter Menschen vorbei, und mir fiel auf, wie sehr man eigentlich trampelt. Evan, der Aborigine, geht so leicht und kaum merklich ueber den Boden, dass ich mir wirklich vorstellen kann, dass er auch mit hundert noch intakte Bandscheiben hat (das ist dem Vernehmen nach sein Plan).
Spaeter war ich dann im "Fresh" essen, einem vegetarisch-veganen Restaurant. Dort war man jedoch sehr schockiert, dass ich etwas Glutenfreies essen wollte. Ich hatte den Impuls, einfach wieder zu gehen, bin ihm aber leider diesmal nicht gefolgt. Naechstes Mal wieder. Die Koechin sah schon so gestresst aus, und gestresste Menschen uebertragen ihre Energie immer in das Essen, sagt man in der Makrobiotik. Ihre Kreation war dann Folgendes (bitte nicht uebergeben): Salat aus roter Bete und Reisnudeln, ohne erkennbares Dressing, und oben drauf ein gebratenes, aber nicht merklich gewuerztes Stueck Tofu. Haeh? Ausserdem war wirklich zu viel Pfeffer darauf. Wer soll das essen?
Ich finde, dass jemand, der drei geschmacksfreie Zutaten (Reisnudeln, Tofu, und rote Beete haben auch nicht den massiven Eigengeschmack) kombiniert und das Leuten als Essen verkauft, nicht als Koch arbeiten sollte. Hier ist noch ganz massives Entwicklungspotenzial, wie man heute so schoen positiv sagt. Bestimmt gab es dieses Essen jeden Tag in Port Arthur.
Nach dem komischen Essen habe ich mich ungefaehr so gefuehlt, wie die Koechin aussah: Grantig, enttaeuscht, maulig. Ich stellte mir sozusagen als Gegenmittel das Reinigungsritual vor, das Evan uns beschrieben hatte (das mit den Eukalyptusblaettern im Feuer). Ich fuehlte mich danach wirklich wieder entspannt und gut - die Aborigines wissen schon, wie man's macht.
Vielleicht war der Salat auch nur der Ersatz fuer die Pruefung der durchwachten Nacht, die nun fuer mich gluecklicherweise ausgefallen war, dachte ich mir. Wer weiss.
Selig fiel ich abends in mein Bett, wieder ganz frueh, und pennte wie ein Stein bis zum naechsten Morgen durch.

Das war der aufregende Aufenthalt im schoenen Tasmanien - voller interessanter Erfahrungen und auch Herausforderungen. Meine Haare sind wieder ab, ich kenne jetzt Hobart und Launceston, ich habe wieder etwas ueber mich und erfolgreiches Visualisieren/Manifestieren gelernt, habe sehr gut und sehr schlecht gegessen, und dazwischen sowieso den Datteln gefroehnt, ich habe tolle Leute getroffen, mit denen ich mich vielmehr unterhalten habe, als ich in diesem ohnehin schon langen Blogpost noch unterbringen konnte. Reisen ist einfach super, und ein wahres Abenteuer. 

Jetzt kommt noch der Bericht zu den Blue Mountains (von wo ich schon morgen wieder abreise - unfassbar), und dann liegen noch Singapur und ein zweites Mal Bangkok auf meinem Weg. Ich uebe schon, mich bewusst wieder in meinen Alltag hineinzudenken. Ich lande am Montag, 26. Maerz. Ich habe dann sechs Tage, um wieder zur Besinnung zu kommen. Am Montag, 2. April, 8:30 Uhr gliedere ich mich dann hoffentlich wieder ganz geschmeidig in mein Team ein und bin wieder mit voller Kraft im Bueroalltag dabei.

Ganz liebe Gruesse an alle Mitlesenden, ob bekannter- oder unbekannterweise!
Lissa 














































































































1 Kommentar:

  1. Die Dame hat Recht: mit Kindern am Strand ist einfach der Wahnsinn!
    Schon deshalb, weil ich den Strand liebe...aber mit Wasser und Sand patschen geht immer.
    Dann noch Essen und Trinken dabei und man hat einen total entspannten Nachmittag.

    Port Arthur klingt schlimm. Ich glaub, das wäre nichts für mich.
    Ich habe schwer mit den KZ-Gedenkstätten gekämpft. Ich finde es irgendwie wichtig, sowas anzusehen, aber es ist auch schwer, den Glauben an die Menschheit nicht zu verlieren.

    Visualisiern klingt toll. Mich fasziniert das immer, aber ich muss das wirklich auch mal ausprobieren.

    Viel Spaß noch in den letzten 10 Tagen! Ich denk an dich!

    Lieben Gru0
    Kris

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