Samstag, 31. März 2012

Thailand

 
 

Nachdem ich die letzten Tage hingebungsvoll deutschem Gemüse gefröhnt habe (filigrane, deutsche Biomöhren sind ja eine wahre Geschmacksexplosion, und spielen kulinarisch in einer ganz anderen Liga als die baseballschlägergroßen Knüppel, die man in Thailand aus dem Boden zieht) und versucht habe, mich der deutschen Zeitzone wieder anzunähern (mit wachsendem Erfolg!), kommt mir nun endlich mein persönliches Fazit zu Thailand. Ich habe schon beim Notieren gemerkt, dass ich es ein wenig vermischt habe mit Punkten, die mir zu Asien generell aufgefallen sind. Das habe ich dann dementsprechend erwähnt. 

* Der ganz spitzfindige Leser hat vielleicht gemerkt, dass ich die Inseln Kho Samui und Kho Tao (bestimmt zur Begeisterung meiner stets um mich bangenden Mutter) ausgelassen habe. Das lag zum Einen daran, dass ich kurz vor knapp noch gar nichts vorbereitet hatte, und mich nicht ohne Weiteres in ein unerkundetes Gebiet begeben wollte. Bräuchte ich vielleicht doch irgendwelche Impfungen (ich versuche sie zu vermeiden, aber entscheide das dann doch immer im Einzelfall)? Muss ich irgendetwas beachten? Wie viele Tage vorher muss man seine Tauchkurse buchen? Wie komme ich dort von A nach B? Klappt das überhaupt so, wie ich mir das alles vorstelle? Da ich all das vorher in den Blue Mountains nicht mehr recherchiert habe, habe ich es dann gelassen. Evan, der Aborigine, war schon mal dort und meinte, dass es nicht so toll wäre. Ihm gefiele das australische Great Barrier Reef zum Tauchen und Schnorcheln viel besser. Und der nette Graphikdesigner vom Rückflug war ebenfalls da und fand es ganz furchtbar - völlig touristisch, überlaufen, ein Meer von Menschen, die einen nur ausnehmen wollen. Naja, vermutlich hätte für mich die Wahrheit irgendwo in der Mitte gelegen, und ich hätte für mich die Frage hinzugefügt: Finde ich da eigentlich was zu essen? Leidet diese Region Thailands unter Durianmangel? Bekommen die Inseln täglich genug Obst angekarrt? Naja, ich habe es nicht riskiert und werde dann eines schönen Tages glücklich am Great Barrier Reef an der australischen Ostküste entlangschorcheln. Und, nach Erzählungen des netten Architekten in Sydney, der mich darauf erst gebracht hatte, entgehe ich damit wohl auch dem ein oder anderen nicht so ganz super ausgebildeten Tauchlehrer auf Kho Tao, der einen schon mal irgendwo vergisst. Ich glaube, die Chancen dafür sind dann in Australien doch geringer. Und selbst wenn, dann sprechen wir wenigstens eine gemeinsame Sprache, damit ich wild nach ihm kreischen kann. Das klingt doch nach einem Plan!

* In Thailand war die Verständigung in der Tat schwieriger, als ich vorher gedacht hätte. Die Leute verstehen mich ganz gut, aber ich verstehe die Antworten kaum. Ich glaube, längerfristig würde ich dort entweder wahnsinnig oder würde mich, eher wahrscheinlich, an andere Europäer/Australier/Amerikaner hängen, die dort schon eine Weile leben und mir meine Fragen beantworten können. So gluckt man ja doch im Ausland meistens zusammen, einfach aus praktischen Gründen.

* Im Supermarkt sind die englischen Etiketten von Importprodukten mit thailändischen Etiketten überklebt (und sie lassen sich auch leider nicht abknibbeln, ich hab's probiert, weiß der Teufel, woraus der Kleber dort besteht). Als ich mich erkundigen wollte, ob ein tomatensaucenartiges Produkt irgendwelche Zusätze auf Milchbasis enthielte (wir ahnen bereits, wie hoffnungslos das war), sagte mir die nette und wohlmeinende Verkäuferin "No milk. Ketchup!". Ich: "Ich weiß, ich weiß, das ist Ketchup und keine Milch, aber ist da irgendwas mit Milch drin?". Wir ließen es dann relativ bald sein. Der Ketchup dort schmeckt ohnehin anders als unserer. Der asiatische Gaumen braucht doch ein wenig mehr Gewürze!

* Ich habe viele ältere Menschen gesehen, deren Augen unter grauem Star litten, befürchte ich. Innerlich dankte ich trotz allen Kritikpunkten dem deutschen Gesundheitssystem, das hier wohl für jeden eine Behandlung ermöglicht. Außerhalb Asiens habe ich jedenfalls noch nie so viele Augenkrankheiten gesehen.

* Die meisten Thailänder sind ganz schlank, aber man sieht, dass die ersten sich wirklich an den Westen annähern.

* Überall gibt es Rolltreppen! Das gilt auch für Singapur. Irgendjemand muss dort seine Liebe zu Rolltreppen entdeckt haben. Nach oben, nach unten, aber auch geradeaus: Wo es passt, könnte man ja noch eine Rolltreppe hinbauen. Hurra!

* Die Klimaanlage im Sky Train ist so kalt eingestellt, dass mir zwei Mal die Brille total beschlagen ist, als ich ausgestiegen bin. Es muss ein Temperaturunterschied von mindestens 10 Grad sein. 

* Die Asiaten halten sich die Hand vor den Mund, wenn sie telefonieren. Das macht auch Jasmine. Bestimmt empfinden sie unser Gequatsche einfach nach vorne heraus als barbarisch.

* Überhaupt gilt ja in Thailand oder Asien generell eine andere Form der Höflichkeit. Ich habe an einer Sky Bus-Haltestelle eine Frau gesehen, die eine riesige Fluse in den Haaren hatte. Sagt man jetzt was? Ich war kurz davor, meinen allzeit einsatzbereiten Taschenspiegel aus dem Rucksack zu holen und ihr zu geben unter dem Hinweis "Ich glaube, Sie haben da etwas in den Haaren". Dann dachte ich mir: "Verliert sie ihr Gesicht, wenn ich das jetzt sage?". Unschlüssig, wie ich war, habe ich die Frau dann die nächsten 20 Minuten mit der Fluse herumlaufen lassen, bis sie wieder ausstieg. War das jetzt besser so? Keine Ahnung. Ich hoffe, es war für diesen Kulturkreis die richtige Entscheidung.

* In Thailand herrscht ja Linksverkehr, aber trotzdem gehen die meistens Fußgänger rechts. Viele Rolltreppen sind auch auf der rechten Seite. Und es gibt teils Schilder, die einen zum Rechtsgehen auffordern. Eine ganz klare Linie war da für mich nicht erkennbar.

* Keine Beschreibung Thailands wäre vollkommen ohne die Ladyboys! Ich weiß nicht, wie viele es davon außerhalb Bangkoks gibt, aber der Graphikdesigner erzählte mir da die ein oder andere Geschichte (er war ja einen Monat lang in Thailand umhergereist). Also Jungs, wenn so eine hübsche junge Frau euch anspricht, die aber bei genauerem Hinsehen dann doch ein wenig herbe Gesichtszüge hat, dann Obacht. In Bangkok sieht man sie Ladyboys häufiger, wenn sie zu zweit durch die Einkaufszentren ziehen. Im ältesten Gewerbe der Welt sind sie wohl auch sehr aktiv, und etwas preiswerter. Oh Mann. Männliche Thailandurlauber, seid gewarnt.

* Das ist jetzt nur Wissen aus zweiter Hand, aber der Graphikdesigner erzählte mir im Flieger auch, dass ein Mitreisender von ihm 3 Wochen im Gefängnis gesessen hätte. Er bekam bei der Einreise versehentlich keinen Stempel im Reisepass, und als ihm das auffiel, ging er (statt zur Deutschen Botschaft) zur näher gelegenen Polizeistation. Die riefen ihren Chef an, weil sie nicht sicher waren, was man in dem Fall machen soll. Der Chef rief wieder seinen Chef an. Und der, ganz Mann von Welt, traf eine Entscheidung: Erst mal ins Gefängnis mit ihm. So, und da saß der nette Tourist dann drei Wochen. Sicher nicht ein Risiko für jeden, aber innerlich strich ich alle asiatischen Länder auf meiner persönlichen Liste der Reiseziele noch mal dick durch.

* Generell habe ich das Gefühl, Asien ist gerade in Pubertät. Sie finden uns westliche Menschen furchtbar spannend. In den meisten Werbungen springen wir herum, sie essen unsere fetten Torten und Burger, sie versuchen, sie in Fitnessstudios wieder abzutrainieren (Fitnessstudios sind mit Sicherheit keine Erfindung außerhalb der westlichen Welt), sie tragen unsere Kleidung, sie pappen sich die schon erwähnten bunten Kontaktlinsen in die Augen, sie wollen unbedingt so Haare haben wie wir und benutzen Blondierungen und Lockenstäbe (was, sorry, einfach blöd aussieht bei asiatischen Haaren. Aber ich sag ja: Pubertät, da machst du nichts!). Amy aus Südkorea (die mit dem Reis) erzählte mir, dass alle Koreaner so aussehen wollen wie wir. Wir haben wohl kleinere Köpfe (echt?) im Vergleich zu unserem Körper, und die Asiaten schämen sich für ihre großen Schädel. Was man alles an sich nicht schön finden kann, nicht wahr? Darauf wäre ich jetzt nicht gekommen. Warum glaube ich noch, dass Asien voll in der Pubertät steckt? Ich fand, die Leute wirken, als probierten sie all die spannenden westlichen Sachen noch aus. Sie wollen cool wirken, aber letzten Endes ist das noch gar nicht ihre Welt. Sie wirken noch leicht zu verunsichern und haben wenig Ahnung davon. Ich wette, wenn ich jemanden erzählt hätte, wie schädlich westliches Essen und Kontaktlinsen sind, hätte ich ein überraschtes, nickendes, langgezogenes "Oooooh!" bekommen (das machen die Asiaten irgendwie alle, hehe), und hätte die Person verunsichern können. Hätte ich erzählt, das bunte Kontaktlinsen und westliches Essen der Kracher sind, hätte ich vermutlich ein bestätigendes, nickendes "Oooooh!" gehört. Mir kam es wirklich so vor, als wären die Asiaten kulturell noch so jung und unschuldig, dass sie einem wirklich jeden Mist glauben.

* Und zu guter Letzt: In Thailand ist einfach alles pink. Die meisten Taxis sind pink. Die Halsbänder von Tieren sind pink. Die große Wartehalle vor dem Gate am Flughafen hat ungefähr 300 pinke Sitze. Das Piktogramm für die Damentoilette ist pink. Es ist irgendwie alles pink. Und das kommt jetzt von jemanden, der selbst gerne Sachen mit pinken Herzchen bemalt oder dekoriert. Ich glaube, nach Bangkok bin ich davon erst mal geheilt. Für uns wirkt das einfach etwas kitschig. Ich habe Jasmine aus Singapur gefragt, und sie meinte, dass für die Asiaten bei uns alles so langweilig und schmucklos wäre. Wir empfinden es als klare Linien und puristischen Stil. Jedem das Seine.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen